Review: The Uncharted Seas – Die Regeln
Nachdem wir im ersten Teil unseres Reviews die Miniaturen zu The Uncharted Seas unter die Lupe genommen haben, ist nun Zeit, die Spielregeln genauer zu betrachten. Das Softcover-Grundregelbuch umfasst 83 vollfarbige Seiten, der eigentliche Regelteil belegt dabei allerdings nur 33 Seiten, der Rest des Buches enthält Beschreibungen der ersten vier Völker, Profilwerte und Farbeschemata für ihre Schiffe, sowie verschiedene Szenarios. Durch den geringen Umfang der Basisregeln wird bereits deutlich, dass The Uncharted Seas auf einfache, schnell zu erlernende Regeln setzt.
Grundmechaniken
Nahezu alle Schiffe bei Uncharted Seas werden zu Schwadronen zusammengefasst, die in der Regel aus drei Schiffen bestehen. Nur die Schlachtschiffe, der Drachenträger und der Drache der Thaniras-Elfen werden als einzelne Modelle aufgestellt. Anders als beispielsweise Raumflotte Gothic nutzt das Spiel ein abwechselndes Zugsystem, bei dem die Spieler abwechselnd eine ihrer Schwadronen aktivieren und alle Aktionen mit ihr abhandeln (Bewegung, Beschuss, Entermanöver…). Distanzen werden wie bei den meisten anderen Systemen in Zoll gemessen und nahezu alle Würfelproben werden mit einem oder mehreren W6 durchgeführt.
Die STAR-Karten
Ein zentraler Bestandteil des Systems sind die STAR-Karten, durch die beispielsweise Zauber und besondere Manöver ermöglicht werden (vergleichbar mit den Sonderbefehlen bei Raumflotte Gothic). Die Zahl der Karten, die ein Spieler auf seiner Hand halten kann, richtet sich nach der aktuellen Zahl seiner Schwadronen, wobei 5 das Maximum ist. Jedes Volk verfügt über ein eigenes Deck aus 26 Karten, von denen 13 Karten bei allen Völkern identisch sind.
Die Karten lassen sich in folgende Gruppen einteilen: Squadron, Turn, Action und Reaction. Turn-Cards werden zu Beginn einer Runde gespielt und können beispielsweise für die Dauer der Runde die Windrichtung beeinflussen. Squadron- Cards werden bei der Aktivierung einer Schwadron gespielt und verleihen ihr in der Regel bestimmte Boni. Action Cards sind ebenfalls Karten, die kurzfristige Boni oder einmalige Effekte bewirken, während Reaction-Cards benutzt werden, um gegnerische Manöver zu kontern. Karten die einen magischen Effekt hervorrufen, sind darüber hinaus als Magic-Cards gekennzeichnet, während einige andere Karten den Zusatz C für Counter-Spell-Card tragen. Durch das Abwerfen einer C-Karte, lassen sich gegnerische Magic-Karten neutralisieren.
Bewegung
Um zu klären, wie ein Schiff bewegt wird, sind zwei Informationen notwendig: Zum einen der Bewegungswert, der die maximale Bewegungsdistanz des Schiffes in Zoll angibt, und zum anderen die Größe der Schablone, die für Drehungen verwendet wird. The Uncharted Seas verwendet drei verschiedene Schablonen (groß, mittel, klein), die als Kopiervorlagen im Regelbuch enthalten sind. Während die kleine Schablone einen sehr engen Wendekreis ermöglicht, sind Großkampfschiffe mit ihren größeren Schablonen deutlich träger.
Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist die Windrichtung, die zu Beginn des Spiels ermittelt wird, und sich danach zu Beginn jeder Runde leicht verändern kann. Schiffe, die gegen den Wind fahren, halbieren ihre Bewegungsrate, wobei einige Schiffe vom Wind unbeeindruckt bleiben, darunter die dampfgetriebenen Zwergenschiffe und die magischen Segelschiffe der Drachenlords.
Beschuss
Jedes Schiff bei Uncharted Seas verfügt über vier Feuerbereiche (Bug, Backbord, Steuerbord, Heck), die in der Regel unterschiedlich stark sind. Bei den Schiffen der meisten Völker sind die seitlichen Waffenbatterien am mächtigsten, nur bei den Orks sind die Frontwaffen am stärksten. Jeder Feuerbereich ist in vier Reichweiten unterteilt, die jeweils 8 Zoll umfassen. Die maximale Feuerreichweite liegt damit bei 32 Zoll, wobei in der Regel nur Großkampfschiffe den vierten Reichweitenbereich beschießen können.
Um zu bestimmen, wie viele Angriffswürfel ein Schiff für eine Attacke erhält, muss der Spieler einfach prüfen, in welchem Feuerbereich das Ziel liegt, und wie weit es entfernt ist. Auf der Profilkarte seines Schiffes kann er dann ablesen, wie viele Würfel er erhält. Schätzungen gibt es nicht. Wurfergebnisse von 4 und 5 bewirken einen Treffer, eine 6 bewirkt sogar zwei Treffer und der Würfel darf erneut geworfen werden.
Die Stabilität eines Schiffes wird durch sein Damage Rating und sein Critical Rating definiert. Wenn eine Attacke genug Treffer verursacht, um das Damage Rating zu erreichen, verliert das getroffene Schiff einen Lebenspunkt. Wird das Critical Rating erreicht, würfelt der Angreifer darüber hinaus noch auf der Tabelle für kritischen Schaden, was in der Regel zu weiteren (teilweise fatalen) Schäden und Verlusten unter der Besatzung führt.
Rammen und Entern
Neben konventionellem Beschuss können die Gefechte bei Uncharted Seas auch durch Rammaktionen und Entermanöver entschieden werden. Jedes Schiff verfügt über einen Rammwert, der angibt, wie viele Angriffwürfel das Schiff erhält, wenn es ein anderes Schiff rammt. Solche Manöver sind allerdings auch für das rammende Schiff nicht ohne Risiko, denn im Gegenzug wirft der Spieler des gerammten Schiffes Angriffswürfel, deren Anzahl den verbliebenen Lebenspunkten seines Schiffes entspricht.
Nach einer Rammaktion oder einem Zusammenstoß zweier Schiffe, beginnt eine heftige Auseinandersetzung zwischen den Besatzungsmitgliedern. Hierbei erhält jeder Spieler Angriffswürfel, die dem aktuellen Crew-Rating seines Schiffes entsprechen. Für jeden Schadenspunkt sinkt das Crew-Rating des gegnerischen Schiffes um einen Punkt. Ein Schiff, das keine Besatzungsmitglieder mehr übrig hat, gilt als herrenlos und generiert am Ende der Schlacht zusätzliche Siegpunkte für den Spieler, der es erbeutet hat.
Stärken und Schwächen
Die größte Stärke des Systems sind definitiv seine übersichtlichen, schnell erlernbaren Regeln. Nach einigen kurzen Tests ist auch für Tabletop-Neulinge schnell klar, wie das System funktioniert. Das wechselseitige Aktivieren der Schwadronen führt einerseits zu mehr Chancengleichheit (der Initiativwurf ist weniger entscheidend als beispielsweise bei Warhammer oder 40k, wo der Spieler, der den ersten Zug hat, meist einen recht großen Vorteil hat) und sorgt außerdem dafür, dass kein Spieler längere Zeit unbeschäftigt bleibt.
Auf der Negativseite steht vor allem das Fehlen von Bases, was bereits bei den Miniaturen bemängelt wurde. Besonders die Schablonen lassen sich dadurch teilweise nur schwer anlegen (beispielsweise bei den geschwungenen Schiffsrümpfen der Elfen). Inzwischen sind zwar bei der Firma Litko separate Bases erhältlich, diese sind jedoch recht teuer, weshalb Plasticcard die bessere Alternative darstellen dürfte. Die relativ einfach gehaltenen Regeln sorgen zwar einerseits dafür, dass das System schnelle Spiele ermöglicht, die Besonderheiten des Seekampfes werden dabei aber nicht wirklich genau simuliert. Wer nach einer möglichst korrekten Darstellung historischer Seeschlachten sucht, ist bei Uncharted Seas deshalb falsch und sollte eher einen Blick auf Trafalgar werfen.
Fazit
Mit The Uncharted Seas legt Spartan Games ein überzeugendes Debut hin. Die Regeln sind übersichtlich, logisch strukturiert und ermöglichen kurzweilige und schnelle Seeschlachten. Inwieweit sich die fehlende Komplexität auf den Langezitspielspaß auswirkt, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Allerdings hat Spartan Games bereits eine Erweiterung angekündigt, die neben neuen Völkern auch Regeln für U-Boote und Flieger beinhalten wird. In einigen Bereichen hat das Grundregelbuch noch kleinere Schwächen, diese wurden jedoch inzwischen großteils durch Errata berichtigt. So wurden beispielsweise die Punktwerte aller Schiffe deutlich verändert, um eine differenziertere Flottenplanung zu ermöglichen (in der ursprünglichen Version kosteten alle Fregatten 1 Punkt, die Kreuzer 3 Punkte und alle Schlachtschiffe 9 Punkte). Alle Spieler, die seit der Einstellung von Man’o’war auf ein Seeschlachten-Tabletop gewartet haben und keinen allzu großen Wert auf eine völlig korrekte Simluation legen, sollten The Uncharted Seas deshalb eine Chance geben.
Quelle: Spartan Games
Wow, schicke Review!
Mit welchem Kostenpunkt muss man rechnen für das Spiel?
Das System ist vergleichsweise billig. Eine Starterflotte der Zwerge kostet 13 Pfund, für alle anderen Flotten muss man rund 26 Pfund hinlegen (wegen der Metallsegel). Die Starter sind gut bestückt und bieten schon genug Potential für erste Spiele. Spätere Ergänzungen sind ebenfalls nicht sonderlich teuer (und da macht auch ein zweiter Starter durchaus Sinn – es bleibt also billig). Bestellungen in England sind für geduldige Menschen kein Problem, der Shop von Spartan Games nimmt nicht einmal Porto. Allerdings warte ich schon recht lange auf meine Lieferung…
In Deutschland gibt es das System ebenfalls schon in einigen Shops, hier lohnt sich aber ein Preisvergleich, da die Preise mitunter extrem schwanken.
Schönes Review! Danke!
Aber 2 Fragen:
1. Mit Lebenspunkte, sind da die Hullpunkte gemeint? Wie werden die gängig angezeigt? Würfel? Marker? Aufgeschrieben?
2. Hab ich das richtig verstanden? Anzahl Angriffswürfel ist der Wert in der Minitabelle, der das Ziel beschreibt in Band und Seite vom Angreifer. Heißt für die beiden Beispiele also dass der imperiale Cruise das Zwergenbattleship mit maximal 6 beschießen kann, wobei dieses aber ein damage rating von 6 hat und damit nur verwundbar ist, wenn alle 6 Würfel Treffer zeigen und einer davon eine 6 ist, korrekt? Das ist stramm.
Lebenspunkte = Hull-Points, das stimmt. Im Regelbuch ist ein Flottenrooster drin, das man kopieren kann, und auf dem man dann für jedes Schiff bequem Buch führen kann. Außerdem sind Marker und Tokens als Kopiervorlage dabei, man hat also alles, was man braucht.
Das mit dem Beschuss hast Du richtig verstanden, allerdings gibt es eine recht einfache Möglichkeit, wie auch Kreuzer ein Schlachtschiff beschädigen können: Schiffe derselben Schwadron können ihr Feuer bei Bedarf kombinieren („linked fire“). Dabei fungiert ein Schiff als Fokus und erhält seine vollen Angriffswürfel. Die beiden anderen Schiffe steuern dieser Salve die Hälfte der Angriffswürfel, die sie bei einem Schuss auf das anvisierte Schiff erhalten würden, bei. Im Fall der Menschlichen Kreuzer wärden das in Deinem Beispiel also zweimal 3 zusätzliche Angriffswürfel, insgesamt also eine Salve von 12 Würfeln. Dann kommt hinzu, dass eine 6 doppelt zählt und außerdem erneut geworfen werden kann. Da verliert auch ein Damagerating von 6 recht schnell seinen Schrecken.
Ich find das hört sich sehr spannend an.
Wie groß sollte die Spielfläche im Optimalem Falle sein?
Das einzige was mich im Moment abhält sind die (aus meiner Sicht) extrem hässlichen Modelle
Jo, die Modele sind sicher Geschmackssache, ich persönlich finde sie mit jedem Mal schicker.
Die Spielfläche sollte irgendwas ab 48*48 Zoll sein, gerne auch 72*48, je nach Flottengröße und Szenario.
Mir gings genau andersrum, ich find die Idee, die Welt und die Modelle sehr interessant, die Regeln kamen mir anfangs etwas sehr simpel vor. Klingt aber doch sehr interessant! Danke für die Erklärung, Darkover. Mit so Spezialregeln kommt doch etwas Fahrt ins System.
Also allen die bezüglich dieses TTs noch schwanken möchte ich sagen:
die Miniaturen sind im Preis-Leistungs-Verhältnis extrem gut, das Regelwerk absolut richtig abgeschätzt – nicht zu kompliziert und nicht zu einfach – man kommt schnell rein, hat aber trotzdem die Möglichkeit sehr Taktisch anspruchsvoll zu spielen.
Die verschiedenen Völken haben alle ihre Vor- und Nachteile und sind dennoch gut gebalanciert.
Ich kann also jedem nur empfehlen sich dieses TT mal genauer anzusehen!