Preview: Tsukuyumi – Full Moon down
Im Mond steckt ein Drache und der ist sehr, sehr schlecht gelaunt! Und der Mond liegt da, wo früher der Pazifik war. Willkommen bei Tsukuyumi!
Disclaimer: Im folgenden Artikel geht es zur Abwechslung mal nicht um ein Spiel mit Miniaturen. Wir versprechen, dass es trotzdem interessant wird, aber ihr wurdet gewarnt! 😉
Tsukuyumi ist das neue Spiel von King Racoon Games, einer kleinen Spieleschmiede aus Süddeutschland. Es stammt aus der Feder von Felix Mertikat und soll ab 29.9. auf Kickstarter finanziert werden. Wir hatten schon jetzt Gelegenheit einen Prototypen probezuspielen und wollen deshalb im Folgenden das Spiel vorstellen und unsere Erfahrungen schildern.
Der Drache ist gelandet
Im Kern ist Tsukuyumi ein Board Control Spiel, bei dem jeder Spieler die Rolle einer einzigartigen Fraktion übernimmt, die in den Ruinen der Welt nach Macht und der Erfüllung ihrer ganz eigenen Ziele strebt.
Aber Moment. Zerstörte Welt? Tsukuyumi? Wovon reden wir hier eigentlich? Einen kleinen Einblick in die Story des Spiels liefert das folgende Video:
Schon das Präsentationsvideo macht zwei Dinge deutlich: Die Story von Tsukuyumi ist ziemlich abgefahren und die verschiedenen Fraktionen sind es auch. Dass sie außerdem komplett unterschiedlich sind, zeigt sich nicht nur optisch, auch die Spielweisen der Gruppierungen unterscheiden sich massiv. Während die Insekten der Dark Seed das Spielfeld mit Kanonenfutter überfluten und Eier verschleudern, aus denen weitere Truppen schlüpfen, sind die Drachen der Fireborn wahre Killermaschinen, aber stets in der Unterzahl und deshalb auf ganz eigene Strategien angewiesen. Auch die Guerillataktiken der Nomaden, die Software-Upgrades der Cyber-Samurai und das Terraforming der Boarlords sorgen für völlig unterschiedliche Spielerlebnisse.
Spielablauf
Bevor wir mit unserem Erfahrungsbericht beginnen, wollen wir zunächst ein paar Grundzüge des Spiels vorstellen. Im Kern geht es bei Tsukuyumi darum, möglichst viele Gebiete auf dem Spielfeld in Besitz zu nehmen. Hierzu muss man zunächst eigene Truppen in das Gebiet bewegen, und dann eine Erobern-Kampfaktion durchführen. Liegt der Eroberungswert der eigenen Einheiten über dem addierten Wert aller gegnerischen Einheiten in diesem Gebiet, wird der Sektor erobert. Sollten gegnerische Truppen vor Ort sein, haben sie im Anschluss die Möglichkeit zu reagieren, beispielsweise durch eine Attacke auf die Eroberer oder durch einen geordneten Rückzug – mehr zu den verschiedenen Kampfaktionen des Spiels später.
Zusätzlich zu diesem allgemeinen Ziel bringt jede Fraktion ein individuelles Missionsziel mit, mit dem sie weitere Siegpunkte erringen kann. Die Dark Seed müssen dazu beispielsweise in einer Runde 7 Gebiete erobern, während die Fireborn Siegpunkte für jede gegnerische Homezone bekommen, die sie mit ihrer „Verwüsten“-Aktion zerstören. Doch damit nicht genug. Zusätzlich zu ihrem Primärziel bringt jede Fraktion ein sekundäres Ziel mit, das in einen allgemein zugänglichen Pool gelegt wird und von allen Spielern erfüllt werden kann. Bei 3 Spielern wären dies also 3 Nebenmissionen, mit denen zusätzliche Punkte gesammelt werden können.
Jede Fraktion beginnt das Spiel mit vier Gebieten: der Homezone und drei angrenzenden Territorien. Von hier aus rücken sie über die Karte aus und müssen dabei jede Runde aufs Neue entscheiden was sie genau tun wollen. Als neutrale Fraktion sind außerdem die Kami auf auf der Karte unterwegs, die auf dem abgestürzten Mond beginnen und sich nicht nur ausbreiten, sondern ihr Gebiet auch gegen Angreifer verteidigen.
Zu Beginn jeder Runde greift eine Mechanik, die an Seven Wonders erinnert: Jeder Spieler wählt aus einem Stapel mit Strategiekarten eine aus, den Rest gibt er an seinen Nachbarn weiter. Auf diese Weise werden die herumgereichten Stapel immer kleiner, und die Spieler können außerdem ihre Strategien außerdem auch so wählen, dass sie dem Gegner eine bestimmte Karte verweigern.
Auf jeder Karte sind Optionen für die vier Phasen der Runde aufgelistet: Weiß, Blau, Grün und Rot. Diese Phasen werden nacheinander in der jeweils aktuellen Initiativreihenfolge abgehandelt.
- Die weiße Phase ist immer gleich, hier kann jeder Spieler zwei beliebige Aktionen wählen und beispielsweise Einheiten bewegen, angreifen oder Verstärkungen anheuern. Die folgenden drei Phasen sind je nach gewählter Karte unterschiedlich, und auf einigen Karten können einzelne Phasen sogar komplett entfallen.
- In der blauen Phase wird eine je nach Karte unterschiedliche Zahl von Events gezogen und ausgespielt. Außerdem können hier bei vielen Karten die Sonderfähigkeiten der Fraktionen genutzt werden.
- Die grüne Phase dient zum Anwerben neuer Truppen und außerdem werden hier die Kami aktiviert. Jeder Spieler hat ihm Rahmen seiner grünen Phase auch die Möglichkeit mit den Kami zu handeln (neue erzeugen, bestehende bewegen…), was man natürlich zum eigenen Vorteil und zum Nachteil des Gegners nutzen kann.
- Den Abschluss einer Runde bildet die rote Phase. Hier werden Truppen bewegt und Kampfhandlungen durchgeführt.
Wie bereits oben geschrieben kann sich die Gewichtung der Phasen je nach Karte unterscheiden. Manche Karten ermöglichen das Ausheben großer Armeen, erlauben aber im Gegenzug nur ein Minimum an Kampfhandlungen (oder sogar gar keine), während andere eine großangelegte Offensive ermöglichen, die aber zu Lasten des Nachschubs oder der Events geht.
Kämpfe und Karten
Wenn ein Spieler eine Kampfhandlung in einem Gebiet durchführen möchte, wählt er seiner fraktionsspezifischen Kampfkarten (in der Regel sind dies 3-5 Karten). Jede Karte steht zunächst für eine Handlung (Gegner in einem Gebiet angreifen, ein Gebiet erobern, oder eine fraktionsspezifische Spezialaktion in einem Gebiet durchführen, z.B. es säubern oder verwüsten). Sobald die Handlung einer Karte abgehandelt wurde, können der oder die Gegner in dem Gebiet eine der auf der Karte genannten Gegenaktionen wählen, und beispielsweise ebenfalls Schaden verursachen oder fliehen.
Für ihre Kämpfe besitzen alle Truppen drei zentrale Profilwerte: Ihren Kampfwert, den Eroberungswert und ihre Lebenspunkte. Der Kampfwert gibt an, wie viele Schadenspunkte eine Einheit an gegnerischen Truppen anrichten kann. Er wird im Falle eines Kampfes mit den gegnerischen lebenspunkten verrechnet. Der Eroberungswert ist hingegen wichtig für – wen wundert’s: Eroberungen. Wenn ein Spieler ein besetztes Gebiet erobern will, muss er dort lediglich mehr Eroberungspunkte versammeln und eine Aktion ausgeben, das Gebiet gehört dann auf jeden Fall (vorerst) ihm. Im Gegenzug kann der Gegner allerdings ebenfalls eine der auf der Erobern-Karte gelisteten Reaktion wählen…
Eine umfassendere Übersicht zum Spiel und seinen Mechaniken bieten die folgenden Videos:
Unsere Demospiele
Um einen genaueren Eindruck von Tsukuyumi zu bekommen, besuchte Till von King Racoon mich und meinen Hobbyclub in Kempten, wo wir am monatlichen Brettspielabend insgesamt zwei Runden spielten.
Im ersten Spiel trafen Boarlords, Dark Seed und Fireborn aufeinander, wobei ich die Drachen spielte. Ich hatte mich recht gezielt für die Drachen entschieden, da ich einerseits ein großer Drachenfan bin und andererseits sehen wollte, wie das Balancing bei einem Aufeinandertreffen von absoluter Masse (Dark Seed) und absoluter Klasse (Fireborn) aussieht. Kurz und knapp: Das Spiel war nicht nur sehr ausgeglichen, sondern auch enorm spannend und abwechslungsreich. Auch die enorm unterschiedlichen Spielweisen wurden schnell deutlich, denn während die Dark Seed das Spielfeld fluteten und die Boarlords ebenfalls in großer Zahl unterwegs waren, besaß ich zu keinem Zeitpunkt mehr als zwei Drachen, die ich im Gegenzu aber kräftig aufwertete (Drachen können altern und so mächtiger werden). Zwischenzeitlich verlor ich einen Drachen an die Kamikazeangriffe der Dark Seed (sehr ärgerlich), aber am Ende konnte ich dennoch beide Homezones verwüsten und außerdem noch genug weitere Gebiete zerstören (was den sie kontrollierenden Spielern Siegpunkte verweigert), so dass ich am Ende siegreich war. Yay!
Im zweiten Spiel trafen völlig andere Fraktionen aufeinander. Meine Mitspieler spielten die Kampfgruppe 03 (ein Team aus 5 Gundam-ähnlichen Mechs) und die Lords of the Lost Sea (eine Herde Wale, die durch Tsukuyumis Blut zu Landtieren mutiert sind und auf der Suche nach dem verschwundenen Pazifik sind), während ich die Cyber-Samurai in die Schlacht führte. Dieses Spiel unterschied sich aufgrund der gewählten Fraktionen völlig von der ersten Partie. Während die Wale sich nahezu unaufhaltsam ausbreiteten (die Viecher sind nahezu unsterblich) und grundsätzlich immer im Weg waren, schlug die Kampfgruppe ß3 eine ziemliche Schneise durch das Spielfeld. Meine Samurai kamen anfangs ganz schlecht weg und es sah lange nicht gut aus, doch nachdem Mechs und Wale sich zwischenzeitlich gegenseitig enorm geschwächt hatten und meine Samurai immer neue Upgrades erforscht hatten, konnte ich das Spiel am Ende drehen und durch schiere Masse schneller Truppen und technischer Spielereien so viele Punkte sammeln, dass meine dezimierten Gegner schlicht nicht mehr nachkamen. Ein weiterer Sieg für mich!
Fazit
Wow, das hat richtig Spaß gemacht. Auf den ersten Blick erschlägt das Spiel den Spieler fast mit seiner Vielzahl an Komponenten (von denen man aber immer nur die der beteiligten FRaktionen benötigt), es ist aber erstaunlich übersichtlich und aufgrund seiner klar geregelten Abläufe und der cleveren Schnellreferenzseiten auf den Rückseiten der Fraktionsbögen enorm zugänglich. Alle Schritte folgen logisch aufeinander und man steht nie vor der Frage, wie es jetzt eigentlich weitergehen soll.
Ein weiterer Pluspunkt des Spiels ist der völlige Verzicht auf Würfel. Man kann als Spieler sehr genau planen und abschätzen, welche Konsequenzen die eigenen Handlungen haben werden. Wenn ich beispielsweise in einem Gebiet mehr Eroberungspunkte habe als mein Gegner, dann gehört es sicher mir, und kein verpatzter Wurf kann mir das versauen. Gerade für Strategen, denen Schach besser gefällt als Risiko, ist das eine erfreuliche Sache.
Der größte Charme des Spiels ergibt sich zweifellos aus seinen grundverschiedenen Fraktionen. Wir konnten im Rahmen unseres Demoabends 8 von ihnen einsehen, es sind aber noch viele mehr geplant und in Arbeit – darunter weitere verrückte Dinge wie beispielsweise ein Korallenriff! Das Grundspiel wird 5 verschiedene Fraktionen enthalten, namentlich die Nomads (Überlebende der USS Nomad, des letzten US-Kriegsschiffs), die Boarlords (Ein terraformender Stamm aus Schweinemenschen), die Dark Seed (ein gewaltiger Insektenschwarm), die Cyber-Samurai (die Überreste des japanischen Staates, die auf eine hochentwickelte KI setzen) und die Kampfgruppe 03 (die Gundam-Fraktion, bei der es sich um einen Orden von Kami-Jägern handelt, die Tsukuyumi und seine Diener endgültig ausschalten wollen).
Weitere Fraktionen werden im Rahmen von Erweiterungen erhältlich sein, darunter die Lords of the Lost Sea (Wale) und die Children of the Lion (ein afrikanischer Stamm aus Bestienmeistern, ihren Beschützern und (Überraschung!) gewaltigen Bestien. Wie mit den Fireborn verfahren werden soll, war zum Zeitpunkt des Demospiels noch nicht ganz klar, sie sollen definitiv ein Kickstarter-Special sein, aber ob sie exklusiv werden oder die Backer sie lediglich deutlich früher als normale Käufer erhalten, war noch nicht entschieden. Alle Fraktionen bieten völlig individuelle Spielerlebnisse und erfordern komplett eigene Strategien, was für einen enormen Wiederspielwert sorgt Nicht nur aufgrund der einzelnen Unterschiede, sondern auch aufgrund der Wechselwirkungen und Strategieanforderungen, die sich aus bestimmten Paarungen ergeben).
Insgesamt hat Tsukuyumi uns absolut positiv überrascht. Das Spiel macht unglaublichen Spaß, ist enorm taktisch und war den ganzen Abend lang niemals langweilig. Dass es keine Modelle enthält ist für Miniaturenfans natürlich schade, aber letztlich wäre die schiere Masse verschiedener Sculpts schlicht nicht zu stemmen und außerdem sind die Aufsteller mit den klar ablesbaren Profilwerten enorm praktisch. An einer schickeren Luxusvariante mit bedruckten Plastikaufstellern wird gearbeitet, sie soll eine Option des Kickstarters werden.
Und apropos Kickstarter: Zumindest ich werde ziemliche Probleme haben hier zu widerstehen!
Der Kickstarter kommt
Die Kickstarter-Kampagne wird am 29.9. beginnen und zunächst darauf abzielen, die Produktion des Grundspiels zu finanzieren. Erweiterungen, die zusätzliche Fraktionen mit sich bringen, werden dann wohl als Stretch Goals folgen. Wir werden hier regelmäßig noch weitere Details ergänzen.
Werkstatt-Bericht
In den Ausgaben 63-65 der TTI-Schwesterzeitschrift Mephisto findet Ihr einen ausführlichen Werkstattbericht zur Entstehung von Tsukuyumi.
Dabei, ein ganz tolles Spiel 🙂
Das kann ich bestätigen, ich war da echt sehr begeistert!
dito. ich habe jetzt schon mehrere Regelversionen des Spiels gespielt. Das wird wirklich gut.
Sieht interessant aus 🙂
Da werden Erinnerungen wach. Diese Aufstellgnombilder gabs früher auch bei MERS oder SHADOWRUN: DMZ (oder so). Das ist aber nicht unbedingt gut, denn so gut sind meine Erinnerungen daran nicht. Schnell fehlt was, der Eindruck auf dem Brett ist nicht schön, ach mir gefallen Minis besser. Viel Spaß den Sailer Moon Freunden, aber meins isset nicht!!!!!!!!!!
Sieht interessant aus, vor allem die asymmetrische Spielweise der Fraktionen. Was mich jedoch spontan gestört hat war die Deutsch/Englisch Mischung: warum sind die im Video gezeigten deutschen Karten teilweise mit englischen Begriffen (Out of Ammo, Too Noisy) versehen? Ich hoffe das wird in der finalen Version nicht so sein.
Im Übrigen: auch auf den Fraktionsbögen gibt es diese Sprachmischung: Die Dark Seeds sind als Swarming Hordes bezeichnet und dürfen Conqueror einsetzen, haben als Mission Raum für den Schwarm und können bei der Verteidigung Fir the Colony nutzen. Vielleicht geht es nur mir so aber ich finde das muss nicht sein.
Ich denke auch, dass das schlicht daran liegt, dass alles, was wir auf den Bildern sehen, selbst ausgedruckte Prototypenteile sind. 🙂
Liegt wohl an dem selben Grund, warum da Rechtsschreibfehler drin sind: Sie sind noch in der Entwicklung. Momentan tummeln sich da englische und deutsche Begriffe, aber in der Endversion sollte da Landessprache pur stehen. Deutsch für uns und Englisch für alle anderen Länder.
Btw: Ich mags und wünsche den Entwicklern viel Glück.
Auf den Bildern sieht man den bereits jetzt schon sehr gut spielbaren Protoytpen. Von daher sind da noch einige Dinge etwas vermischt.
Interessant siehts aus. Wirds das auf der SPIEL zum ausprobieren geben?
Hi. Ja es wird uns auch auf der SPIEL geben. Halle 6 Standnummer 6c122. Wir haben leider nur 2 Tische für Demospiele. Mehr schaffen wir einfach flächenmäßig nicht.
Ich habe den Macher, Felix Mertikat, über seine großartige Comic-Serie „Steam Noir“ kennengelernt und hatte die Chance „Tsukuyumi“ in verschiedenen Entwicklungsstadien spielen zu können. Freue mich auch sehr, dass jetzt der Kickstarter kommt 🙂
Vielen Dank für euer Feedback. Wir werden schauen, was wir davon so oder anders umsetzen können. Mit der Zweisprachigkeit habt ihr einen guten Punkt angesprochen, den wir angehen werden. Wir werden die Eigennamen/Einheitennamen beibehalten, aber auf den Karten und in den Regeln alles auf deutsch umbauen.
@Webgeist:natürlich werden wir uns der Rechtschreibfehler annehmen. Danke für deine Wünsche!
@Bistromatic: ja das wird es auf der SPIEL zum spielen geben. Der Kickstarter läuft nach der Messe noch ein paar Tage, so dass du es vorher testen kannst.
Leider werde ich wohl zur Spiel nicht schaffen 🙁