Review: Pro Gloria Miniatures
Pro Gloria ist ein deutscher Miniaturenhersteller, der bisher Modelle für die Zeit der Landsknechte und die napoleonischen Kriege veröffentlicht hat. Schwerpunkt liegt aber wohl auf den Landsknechten. Uns liegen insgesamt fünf Sets vor.
- Countryside II (bestehend aus 4 Zivilisten ländlicher Herkunft)
- Dancing Party I (mit zwei Musikern und einem Tanzbären)
- Advancing Command (bestehend aus 4 vorrückenden Kommando-Modellen)
- Advancing Pikemen I (bestehend aus 8 vorrückenden Pikenieren)
- Landsknecht Gamblers (mit 3 Landsknechten, die sich die Zeit vertreiben)
Dazu sei gesagt, dass ich mir inzwischen noch ein ganzes Regiment stehender Landsknechte gekauft habe, dazu aber später mehr.
Produktbilder einiger Sets, die uns vorliegen.
Die Modelle bestehen ausnahmslos aus Metall. Die Sets kommen alle in Blistern und sind auffallend arm an Gussgraten oder Gussresten. Die Kerle können also nach einer sehr kurzen Nachbehandlung gleich auf die Bases gesetzt oder grundiert werden. Auch Hände müssen nicht aufgebohrt werden. Allerdings liegen den Blistern keine Bases bei, was bei historischen Modellen aus Metall aber nicht untypisch ist. Piken müssen ebenfalls separat angeschafft werden, was auch dem Standard historischer Modelle dieser Art entspricht.
Der Zeit entsprechend, kommen die Landsknechte sehr vielfältig daher. Hüte wie Helme werden gleichermaßen getragen, einige der Söldner sind bartlos, andere tragen ausladende Vollbärte. Damit kommen sie den typischen Darstellungen von Kämpfern aus dieser Zeit sehr gut nach. Kleidung, Bewaffnung, Rüstung – hier stimmt alles. Auch die Tatsache, dass die Modelle sich in ihrer Kleidung deutlich von den ländlichen Zivilisten abheben, ist sehr erfreulich. Militärkleidung war auch damals nicht zwingend mit Zivilkleidung gleichzusetzen.
Bei den Gesichtern setzt sich die Detailverliebtheit fort. Während man den vorrückenden Landsknechten sofort abnimmt, dass sie sich im Krieg befinden, hat der Würfelspieler gerade sichtlich Freude – was auf seinen Mitspieler aber nicht zutrifft, denn der scheint schier am Glück des anderen zu verzweifeln. Überhaupt, der glückliche Spieler muss hier nochmals hervorgehoben werden. Wenn man genau hinsieht, erkennt man sogar die Würfel, die er gerade in der Hand hält.
Doch auch Pro Gloria muss sich in einem Punkt kritisieren lassen. Der Tanzbär ist leider weniger gut gelungen. Insgesamt stimmt der Körperbau nicht. Arme und Beine sind zu lang (respektive: das Fell ist nicht dick genug), der Kopf nicht rund genug, sondern eher etwas in die Länge gezogen. Dadurch bildet die Schnauze einen zu flachen Übergang zum Rest des Kopfes und dominiert das Gesicht des Tiers zu sehr. Der Unterleib ist zu schmächtig und dem armen Tier fehlt obendrein der Schwanz.
Der Tanzbär ist das schwächste Modell der ansonsten hervorragenden Range
„Ich spreche Spanisch zu Gott, Italienisch zu Frauen…“ – Einsatzmöglichkeiten der Modelle
Die Landsknechte von Pro Gloria stellen typische Kämpfer aus dem 16. Jahrhundert dar. Sie eignen sich daher für die Italienischen Kriege zwischen 1494 und 1559. An diesen Konflikten waren fast alle europäischen Mächte beteiligt, auch wenn er sich fast ausschließlich auf italienischem Boden abspielte. Daneben begegnen uns aber im 16. Jahrhundert auch viele religiöse Unruhen in Mitteleuropa. Die deutsche Bauernkriege, die in Folge der Reformation ausbrachen, aber auch lokale Episoden, wie der Kampf um das Münsteraner Täuferreich, lassen sich mit den Modellen hervorragend darstellen.
Nicht zuletzt – und das dürfte einen großen Teil der Leser interessieren – sind die Pro Gloria Miniaturen aber auch hervorragend für den Einsatz in einer Warhammer Fantasy Armee des Imperiums geeignet. Aktuell kommen die Modelle freilich nur als Pikeniere, die sich daher eher für südliche Provinzen und als eher weniger beliebte Speerträger eignen, aber Pro Gloria hat hier bereits Abhilfe angekündigt. In Kürze werden separate Hellebarden veröffentlicht, die man den Pikenieren dann ebenfalls in die Hand drücken kann. Auch die Kommandoeinheiten mit den Bihandkämpfern lassen sich gut unter ihre phantastischen Gegenstücke aus dem Hause Games Workshop mischen.
Aktuell wird bei Pro Gloria aber auch an Arkebusieren und schweren Kavalleristen gearbeitet, um die Range zu ergänzen. Ferner halten sich eisern die Gerüchte, Pro Gloria strebt die Veröffentlichung einer Plastik-Box für die Landsknechte an.
Ein Vergleich von Pro Gloria (links) mit Artizan zeigt, dass der Guss bei Pro Gloria deutlich sauberer ist
„Kein Geld, keine Landsknechte!“ – Der Preisvergleich
Alles in allem kann man aber an den Modellen kaum etwas aussetzen. Landsknechte wie Landbevölkerung sind auf jeden Fall eine Anschaffung wert. Apropos Wert, man sollte auch noch ein paar Worte zum Preis der Modelle verlieren. Mit 14,95 EUR für 8 Infanteriemodelle bewegt sich Pro Gloria im oberen Mittelfeld dessen, was sonst am Markt für historische Modelle üblich ist. Zum Vergleich nehmen etwa Crusader Miniatures 9.60 GBP für 8 Modelle, Artizan Designs 9.75 GBP für 8 Modelle und Perry Miniatures 6.50 GBP für 6 Modelle, jedoch Warlord Games auch für 8 Modelle 12 GBP. Gerade bei Artizan Designs lohnt sich der Vergleich, weil man auch hier Landsknechte bekommt. Die englische Firma hat eine etwas breiter aufgestellte Reihe, aber hier muss man Pro Gloria natürlich zu Gute halten, das sie noch nicht sehr lange am Markt sind.
Von der Qualität her betrachtet, ist jedes Modell von Pro Gloria einen Mehrpreis aber wert. Da muss der Käufer selbst entscheiden, was er will. Zwar sind auch die Modelle von Artizan gelungen, kommen aber teilweise mit erheblichen Gussresten aus den Blistern. Diese sind teilweise nur mit sehr großem Aufwand zu entfernen, weil sie dazu neigen, an ungünstigen Stellen zu liegen.
Und natürlich gibt es für den Italien War auch deutlich teurere Anbieter. Wargames Foundry hat ebenfalls schöne Landsknechte, die preislich aber deutlich über denen von Pro Gloria liegen.
Betrachten wir noch die Kosten für Einheiten, wenn man eine Fantasy-Armee mit den hier vorgestellten Modellen aufstellen will. Die Soldaten des Imperiums von Games Workshop kommen in einer Box mit 10 Kunststoffmodellen, darin sind Teile enthalten, die Modelle mit Schwertern, Speeren oder Hellebarden auszustatten und drei Modelle zu einer Kommandoeinheit aufzuwerten. Um Vergleichbares zu erreichen, kaufen wir von Pro Gloria einen Blister Landsknechte, einen Blister Kommandoeinheit und einen Blister mit 20 Kupferdraht-Piken. So erhalten wir 12 Modelle mit Kommandoeinheit und „Speeren“ für 29,10 EUR. Die Box von Games Workshop kostet mit 10 Modellen und deutlich mehr Optionen 20,00 EUR. In beiden Fällen bleiben noch Teile übrig – deutlich mehr allerdings bei den Kunststoffmodellen. Der Vergleich ist allerdings nicht ganz fair, denn Zinnfiguren sind nun einmal etwas kostenintensiver. Bedenkt man das Material, muss sich Pro Gloria auch im Fantasy-Genre nicht verstecken.
Die Modelle von Pro Gloria sind auch für den Einsatz im Fantasy-Genre geeignet
Fazit
Sieht man einmal von dem Bären ab, so sind die Modelle von Pro Gloria in Qualität und Aussehen über jeden Zweifel erhaben. Der Preis mag ein wenig über dem üblichen Durchschnitt für historische Modelle liegen, das fällt aber wohl kaum ins Gewicht. Da ist man auf jeden Fall weit entfernt von den Preisen, die etwa Wargames Foundry verlangt.
Die Modelle von Pro Gloria sind aber wirklich jeden Cent wert! Der hohe Detailgrad, die realistischen Posen und besonders das Design der Zivilisten zeigen, dass hier mit großem historischen Interesse und viel Herzblut von allen Beteiligten gearbeitet wurde. Ich selbst bin jedenfalls so angetan von den Modellen, dass ich mir zusätzlich zu den vorliegenden Rezensionsexemplaren noch ein ganzes Regiment aus 24 Landsknechten zusätzlich gekauft habe. Meiner Meinung nachgab es noch nie und gibt es aktuell nichts Besseres auf dem Markt für diese Epoche.
Link: Pro Gloria
Danke für die Review, kann ich so nur bestätigen!
Ein kleiner Fehler hat sich allerdings eingeschlichen, ProGloria hat bisher keine napoleonischen Minis veröffentlich, lediglich die Polen von Murawski Miniatures vertrieben (und das mWn aktuell auch nicht mehr).
Gutes und ausführliches Review, danke dafür. Auch wenn ich aktuell so ganz weggekommen bin von der historischen / Fantasy Schiene, so ist es doch immer wieder interessant von den Herstellern und deren Miniaturenpaletten zu lesen. So auch hier, wo die Figuren ja wirklich gut gelungen sind. Mal schauen, ob da wirklich noch was kommt.
Ach ja, als Anmerkung: Der Vergleich Pro Gloria und GW hinkt noch an anderer Stelle: Die GWsche Plastikbox der Imperiumssoldaten ist designtechnisch richtig schlecht und da verbittet sich jeder Vergleich mit anderen Herstellern….
Nicht zu vergessen der 30 Jährige Krieg 😀
Für den eignen sich die Modelle nicht. Da liegen nochmal so 80 Jahre zwischen.
Zu den Feuerwaffen kann ich nicht viel Sagen aber der gemeine Infanterist sieht, zumindest auf den Darstellungen die ich gesehen habe, ziemlich so aus wie auf den Bildern, ergo sollten doch zumindest die Spießer und evtl die Doppelsöldner doch eigentlich gehen.
Die einzigen Doppelsöldner, die es im 30jährigen Krieg noch gab, waren Pikeniere.
Im 30jährigen Krieg sahen die so aus:
http://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:HGM_Saal_1_Musketiere_und_Pikeniere.jpg
Was Gregor sagt. 30 jähriger Krieg keine riesigen Gewalthaufen in Zerhauzeug mehr. Die passen da nicht mehr hin.
Da sagt mein Geschichts Prof, aber was anderes….. aber der hat wahrscheinlich keine Ahung 😀
Offensichtlich…
Nochmal, damit der Unterschied in der Kleidung vielleicht klarer wird:
Landsknechte:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/72/Landsknechte.jpg
http://www.deutsches-strumpfmuseum.de/images/07_04_Landsknecht16JH.jpg
Angeworbene des 30jährigen Krieges:
http://www.briefmarke.com/jaehnig/images/Blatt01.jpg
http://www.urlange.de/themen/uniform/us01-05.gif
http://www.ckrumlov.info/img/8352.jpg
Und gekämpft wurde nicht mehr in Gewalthaufen, das ist völlig richtig. Das spanische Terico und die neiderländische (später dann schwedische) Brigade waren im 30jährigen Krieg die vorherrschenden Formationen. Das sind zwar Weiterentwicklungen des Gewalthaufens, aber so nennt man die dann eigentlich nicht mehr.
Ist aber auch nicht so wichtig: wichtig ist, dass die Modelle von Pro Gloria den Zeitraum bis etwa ( so Übergänge sind ja immer fließend un lokal unterschiedlich) 1500-1550/60 ab. Da der 30jährige Krieg aber erst rund 60 Jahre später ausbricht, passen die da einfach nicht mehr rein, wie die Bilder der Uniformen ja auch zeigen.
Allerdings passt auch die Bewaffnung nicht. Zweihandschwerter und Hellebarden waren im 30jährigen Krieg als Waffe des gemeinen Soldaten nicht mehr vorhanden.
Es ist doch so einfach, Wiki aufrufen, Bilder anschauen, fertig, ganz mutige lesen auch noch was.
Ach ja, weiß einer warum die Produktion von den Deutschen Kommandanten bei denen eingestellt wurde?
Gregor kann ich voll und ganz nachvollziehen!
Neidhart soll sich allerdings mit sein Wikipedia sonst wo hinstecken 😀
??? Wo findest du denn sonst halbwegs vertauenswürdige Bilder und Text? Man kann sich zwar auch die Mühe machen und sich die entsprechenden Einblattdruck, Zeugbücher etc. in den digitalen Archiven heraus suchen. Das wäre aber zuviel Aufwand für die Erkenntnis „Landknecht Italienkriege ≠ Landsknechte Dreißigjähriger Krieg“.
Da steckt man sich lieber mit sein Wiki 😉
Der Bär war ja wohl nichts; oder ist das ein Mensch in Kostüm?^^
Kislev Mortheim Warband incoming Bitchez!
Schönes Review, hinzuzufügen wäre noch, dass sich die Pro Gloria Landsknechte deutlich schneller anmalen lassen als die Figuren von Foundry. Mischen kann man sehr gut mit Artizan und Foundry. Die bisher fehlenden Hellebarden sind dass einzige Manko… und für einige vielleicht, dass man sie nur von ca. 1500-1550 nutzen kann 😉