von Gregor | 02.08.2013 | eingestellt unter: Historisch, Reviews

Review: Kugelhagel

Mit Kugelhagel erschien dieses Jahr ein deutschsprachiges Regelwerk für historische Schlachten des 19. Jahrhunderts. Das Buch aus der Feder von Martin Feller wurde zur RPC 2013 veröffentlicht und wurde seitdem kontrovers diskutiert. Daher ist es uns ein Anliegen, dieses Machwerk genauer in den Blick zu nehmen.

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Das Konzept

Das Regelbuch umfasst 64 Seiten, Softcover, vollfarbig auf Hochglanz gedruckt und kostet 24,95 EUR.
Um dem Anspruch historischer Schlachten gerecht zu werden, verfolgt der Autor ein klassisches Konzept: Einheiten bleiben das Spiel über immer gleich groß, bis sie durch zu große Verluste aufgerieben und dann geschlossen vom Schlachtfeld entfernt werden. Interessant hierbei sind vor allem die Formationen, die Einheiten einnehmen können. Dabei gibt es für jede Situation gute und schlechte Formationen. In Marschkolonne sollte man etwa nicht beschossen werden!
Innovativ ist die Spielzugabfolge, die durch Spielkarten (ein Skat-Spiel etwa) geregelt wird. Wichtig sind hierbei besonders die Offiziere, die ein paar Joker-Karten erhalten, um ihre Einheiten außer der Reihe in Bewegung zu setzen. Das Buch verfügt über 6 Armeelisten für die napoleonischen Kriege und den amerikanischen Bürgerkrieg.
Die Spieler einigen sich auf eine Farbe (um beim Skat zu bleiben: rot und schwarz). Alle Bilder werden aus dem Spiel genommen und den Offizieren als Joker zugeordnet, alle anderen Karten werden gemischt. Dann zieht ein Spieler eine Karte und die gezogene Farbe bestimmt, welche Seite nun eine Einheit aktivieren darf. Dabei darf pro Zug (also bis einmal das Kartendeck verbraucht wurde) jede Einheit nur eine bestimmte Zahl von Aktivierungen durchführen. Manche Karten sind dabei mit Sonderregeln versehen. So ermöglicht eine 10 dem Spieler, eine Einheit mehrere Aktionen durchführen zu lassen und ein Ass kann einer Einheit als Reaktionskarte zugeordnet werden. Wenn eine gegnerische Einheit etwas unternimmt, kann das Ass gespielt werden und die Einheit, der es zugeordnet war, kann sofort eingreifen.

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Keep it simple

Kugelhagel greift einige Elemente auf, die man bereits aus Regelwerken wie Black Powder kennt. So sind die Regeln für den Fern- wie den Nahkampf vergleichbar. Allerdings beweist der Autor großen Mut, indem er bestimmte Elemente des Spiels radikal vereinfacht. Das mag zunächst wenig erfreulich klingen, senkt aber die Einsteiger-Hürden gewaltig. Die Profile sind auf 4 Werte und ein paar Sonderregeln beschränkt, alle Formationen lassen sich durch das simple Umstellen der Standardbasierung (4 Modelle auf 40x40mm-Bases) darstellen.
Ein gutes Beispiel für die Vereinfachungen, sind die Reiter-Einheiten der napoleonischen Zeit. Hier hat der Autor komplett auf Feuerkraft verzichtet. Das heißt, dass keine Reiter-Einheit dieser Zeit schießen kann. Das mag seltsam anmuten, denn nicht wenige Einheiten waren ja mit Feuerwaffen ausgerüstet. Allerdings geht es im Spiel ja um eine Schlacht und nicht um eine Erkundungsmission einer kleinen Reiter-Vorhut. In großen Schlachten wurden Reiter in dieser Zeit vor allem als Angriffseinheit für den Nahkampf eingesetzt. Anstatt jetzt komplexe Punkteberechnungen vorzunehmen und festzustellen, welche Einheit nun theoretisch noch Feuerkraft in eine Schlacht hätte einbringen können und in welchem Maße, wurde der Wert für Reiter hier einfach gestrichen. Gute Idee! Gleichzeitig wird aber auch die Stoßrichtung des Autors klar. Alte Hasen des historischen Wargamings wird man mit dem Regelwerk evtl. nicht so einfach hinter dem Ofen hervorlocken, für Neueinsteiger ist es aber eine gute Sache. Das historische Wargaming leidet ja durchaus unter relativ hohen Einstiegshürden: die Regelwerke sind in der Regel auf Englisch und dabei nicht selten hoch komplex, es werde zumindest für Schlachtensysteme oft unzählige Modelle gebraucht und an Modelle und Regeln zu kommen, ist oft nicht ganz so einfach, wie bei fiktionalen Systemen.  Zwar reduziert Kugelhagel die Anzahl der benötigten Modelle nicht spürbar, aber zumindest sind die Regeln einfach gehalten und in deutscher Sprache verfasst. Das ganze Buch kommt mit schlanken 64 Seiten aus, darin enthalten sind 6 Armeelisten und 10 Szenarios. Eine Regelzusammenfassung und einige freie Seiten für Notizen runden das Buch ab, so dass am Ende etwa 30 Seiten reiner Regelteil zu veranschlagen sind.

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Fazit

Kugelhagel dürfte vielen Spielern den Einstieg in das historische Wargaming erleichtern. Dass dabei  das Regelkonzept stark an Black Powder erinnert, stört wenig, denn so schlägt Kugelhagel eine Brücke zu komplexeren Systemen. Wie bereits gesagt, wird das Regelbuch bei Veteranen des Hobbys wohl nicht gleich einschlagen, wie eine Bombe, aber Zielgruppe des Buchs dürften ohnehin Neueinsteiger, Sammler und Gelegenheitsspieler sein. Ohne Frage ist hier auch die Sprache sehr hilfreich. Natürlich leben wir in einer Zeit, in der fast jeder Deutsche auch Englisch sprechen kann und entsprechend wenig Schwierigkeiten mit ausländischen Regelwerken haben sollte, aber für die eigene Freizeitgestaltung darf es sicher auch einmal die Muttersprache sein. Auch wenn einigen Kritikern die Vereinfachungen in den Regeln und Armeelisten zu radikal erscheinen, so hat das Regelwerk auf dem Markt in jedem Falle seine Daseinsberechtigung. Neben den genannten Gründen, verfügt es ja mit der kartenbezogenen Aktivierung durchaus über ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Das Regelwerk ist also ideal für Leute, die gerne einmal eine große historische Armee ausheben und mit ihr spielen wollen, bisher aber von den umfangreichen oder schwer erhältlichen Regelwerken abgehalten wurden.

Inzwischen wurde auch eine Armeeliste für napoleonische Russen veröffentlicht. Es lohnt sich, hierfür regelmäßig auf Facebook oder im Sweetwater-Forum die Infos des Autoren im Auge zu behalten. Weitere Armeelisten werden sicher folgen.

Link: Kugelhagel @ Facebook

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Kommentare

  • Vielen für die sehr informative Review. Scheint genau mich als Zielgruppe anzusprechen. Mit wievielen Modellen sollte ich denn wohl einsteigen können/müssen um für den Anfang ca. 60-90 Minuten spielen zu können?

    • Als absoluter Neuling kann man in den ACW zum Beispiel mit drei Perry-Boxen einsteigen (1x Kavallerie (12 Fig.), 1x Infanterie (36 Fig.) und 1x Südstaateninfanterie (44 Fig.)).

      Daraus lassen sich dann jeweils eine Nordstaaten und eine Südstaatenbrigade zu je 4 Regimentern bilden, so dass man auch gleich zu zweit losspielen kann.

      Nordstaaten: 2 Regimenter Infanterie zu je 12 Infanteristen, 1 Regiment Kavallerie zu 6 Kavalleristen und eine Einheit Scharfschützen zu 6 Infanteristen, die gleiche Aufstellung geht dann auch für den Süden, dabei bleiben noch ein paar Figuren übrig.

      Wenn man alleine eine Seite aufbaut, ergibt diese Anzahl dann entweder mehr oder größere Regimenter.
      Wobei man dann eher nur 30 Minuten bis zu einer Stunde braucht.

  • Eine gute Vorstellung dieses neuen Regelwerks. Vielen Dank dafür.

    Für einen Neueinsteiger in historische Schlachten der abgedeckten Zeitschiene dürfte das in der Tat ein gelungenes Buch sein. Diese Ecke des Tabletops ist noch weitaus offener als andere mit vielen unterschiedlichen Figurenherstellern etc. und damit weitaus flexibler als zB ein Warhammer oder Warmachine.

  • Nachdem der Autor schreibt, dass einige Regeln stark an Black Powder erinnern werden einige Punkte aufgeführt, die das Spiel im Gegensatz zu anderen Systemen „radikal vereinfachen sollen. Diese finden sich aber allesamt ebenso in Black Powder.

  • Ein Regelwerk für „historische Schlachten des 19. Jahrhunderts“.
    Da mich die Napoleonische Zeit nicht so wirklich interessiert, muss ich hier einmal nachhaken: Ist damit wirklich gemeint, dass auch Schlachten nach 1815 dargestellt werden können? Also z.B. die preußsichen Krieg inkl. 1870/71?
    Gerade von 1800-1899 hat sich ja ziemlich viel entwickelt, von säbelschwingenden Husaren bis zu Repetier- und Maschinengewehren.
    Schade, dass ihr im Bericht hierrauf nicht weiter eingeht (Für mich liest es sich so, als wenn nur die Napoleonische Ära abgedeckt wird).

  • Der Begriff „Machwerk“ ist doch stark negativ besetzt und impliziert, dass es sich um schlechtes Regelbuch handelt. Sollte dem so sein, müsste das Fazit deutlich negativer ausfallen.

    • Hatte ich mir auch gedacht. Die Konnotation von „Machwerk“ ist relativ eindeutig, nicht? Bin froh, dass das Werk dennoch gut wegkommt.

      Leider fehlt im Fazit, mMn, ein sehr wichtiges Manko: 64 Seiten für 25€. Das ist für mich Grund genug, es trotzt dem geweckten Interesse Kugelhagel nicht anzufangen.

  • „Ohne Frage ist hier auch die Sprache sehr hilfreich. Natürlich leben wir in einer Zeit, in der fast jeder Deutsche auch Englisch sprechen kann und entsprechend wenig Schwierigkeiten mit ausländischen Regelwerken haben sollte“

    Das halte ich für ein Gerücht , Lesen, Verstehen und Sprechen .. das trifft wohl eher auf weniger als 20% der Deutsche zu ,wenn überhaupt , für mich ist das Kugelhagelregelwerk die schon sehr lange überfällige Konsequenz aus all den Englischen und oder kompliziert/verschachtelten anderen Systemen.
    Es spielt sich unkompliziert und flott , man braucht also nicht einen ganzen Tag um einmal ein Spielchen zu wagen ;).

    • Stimmt, ist ein sehr großer Trugschluss, was man spätestens beim nächsten Partizipationsspiel auf einer Con mit Leichtigkeit feststellen kann. Mit guten deutschen Regeln hat man meist deutlich mehr Leute am Tisch.

    • Danke, ich wundere mich auch immer über diesen Trugschluss, dass wir alle englisch im LK hatten 😉

    • Muss sagen dass mich für den Historischen Bereich auch immer der mangel an deutschen Regelwerken abgeschreckt hat. Wie oben schon erwähnt, gerade im Hobbybereich darf es doch gern mal die Muttersprache sein. Und gerade bei Historischen Systemen kommt man mit normalen Schulenglisch auch nicht immer so weit.
      Bin momentan sehr angetan… da mich der amerikanische Bürgerkrieg schon länger reizt. ich denke ich werd mir das Regelbuch auf jeden fall mal holen. 🙂

    • hihi ja dachte ich mir auch. Wenn ich mich in meinem Bekanntenkreis so umschaue kann da fast keiner Englisch auf einer Stufe die man für Regelwerke braucht 😀

      • … und ich Depp dachte immer ich bin der Einzige, der sich mit englischen Regeln schwer tut… 🙂

    • Ich finde man muss hierbei ganz klar in 1.) Regeltexte und 2.) Flufftexte unterscheiden. Ein Regelwerk hat meistens beides, wobei letzteres nicht zwingend nötig ist, um ein Spielsystem zu verstehen.

      Das deutsche Schulsystem – so mangelbehaftet wie es nunmal ist – sollte den geneigten Tabletopper, innerhalb der vier bis sieben Jahre Anwesenheit im Englischunterricht, schon auf den Stand gebracht haben zumindest Regeltexte zu verstehen. Das sind oft sehr simpel formulierte Abschnitte mit kurzen Sätzen, welche nur eine handvoll Variablen beinhalten. Dass der ein oder andere einfach kein Bock darauf hat sich einzulesen sehe ich ein, aber die Befähigung dazu sollte eigentlich fast jeder haben. Da halte ich die 20% für viel zu gering!

      Bei Flufftexten sieht es schon anders aus, gerade wenn sehr stimmungsvoll versucht wird „altertümliche“ Formulierungen zu verwenden. Der Muttersprachler mag es toll finden, ich persönlich steige da oft nur mit viel Mühe durch. Dementsprechend wenige dieser Texte habe ich bis jetzt auch gelesen. 😉

      Dennoch finde ich, dass man gerade diesen kleineren Regelwerken mit nur wenigen Seiten (als Beispiel sei mal Saga genannt), durchaus eine Chance geben sollte, auch wenn sie auf englisch sind. Meistens sind fast nur Regeln und Szenarien enthalten und der Anteil an Flufftexten ist überschaubar bzw. irrelevant für das Spielen. Oft ist die Angst vor der Fremdsprache einfach größer als sie sein sollte … und wir wollen doch alle nicht wegen soetwas ein gutes Spiel verpassen. 😉

      • Ich war immer in dem Glauben, dass unser Hobby sich einigermassen über die Altersklassen verteilt – und gerade der historische Bereich eher in den älteren Klassen zu finden ist. Und wenn ich von meinem Standpunkt aus eine Generation nach hinten sehe dann wird die Luft schon recht dünn mit Leuten die englisch sprechen.
        Ich halte 20 % für durchaus angemessen.

      • Hier beisst sich die Katze aber in den Schwanz, denn ich denke, die meisten Menschen könnten den Regeltext bzw. die Profilwerte am Ende ihrer Schulzeit durchaus entziffern und wer sich einmal die Mühe gemacht hat und so auch die ein oder andere „Tabletop-Vokabel“ gelernt hat, wird damit auch umso weniger Probleme bekommen, umso öfter er ein englisches Regelbuch liest. Die meisten haben aber Angst davor oder wollen sich die Mühe nicht machen und wenn man dann mal 5, 10, 15 Jahre kein Wort Englisch mehr gesprochen oder gelesen hat, wird es dann natürlich auch nix mehr mit dem englischen Regelbuch. Die Überwindung sich da einmal vielleicht sogar regelrecht „durchzuquälen“ muss man eben mitbringen und ich kann das durchaus verstehen, dass viele Leute da sagen: „In meinem Hobby quäle ich mich jetzt nicht auch noch eine Woche mit dem Laptop und leo.org durch ein Regelbuch nur um dann ein Spiel zu kennen dass mich am Ende dann vielleicht doch nicht überzeugt!“

  • Es ist grundsätzlich alles abgedeckt, die verschiedenen Armeen und Jahrzehnte werden nach und nach mit PDF Listen abgedeckt
    Da es aber kein großes Team ist kann es dauern,

    • Vielen Dank dafür, dank auch an Falkal. Ich muss gestehen ich selbst hatte heute morgen anscheinend das ACW Bild übersehen und auch diesen Satz überlesen: „Das Buch verfügt über 6 Armeelisten für die napoleonischen Kriege und den amerikanischen Bürgerkrieg.“

      Das da noch weitere Listen kommen sind sehr erfreuliche Nachrichten!

      • Wenn man den Aufbau der Armeelisten sich genau anschaut und ein wenig Ahnung von der Materie und seiner Interessierenden Zeitepoche hat, sollte es auch leicht möglich sein, seine eigenen Armeelisten für dieses Regelwerk zu erstellen. Die sind nämlich recht simpel gehalten.

  • Kann mir wer sagen zu welchen Fraktionen Armeelisten im Buch enthalten sind und mit welchem Maßstab ihr so spielt ? Lohnt es sich da wegen der Größe auf kleine Maßstäbe zu setzen ( sprich viele Einheiten auf dem Tisch zu haben z.b. 15mm o.ä.) oder ist es auch gut mit 28 mm Figuren zu spielen, denke da an Perry Miniatures und ähnliches

    Denke ich wird es mal über den Fantasyladen ordern und antesten, da doch recht großes Interesse an einem deutschen Regelwerk besteht. Auch das es recht einfach gehalten ist, ist für mich ein Pluspunkt, dann kann man mal schnell ein zügiges Spiel zwischen durch machen und auch mal mit Leuten spielen, die sich nicht so mit der Tabletop Materie auskennen und die schon „nein danke“ sagen wenn man zu lange die Regeln erklären muss 😉

    • Im Regelwerk sind für die Napoleonischen Kriege Preußen, Braunschweig, England und Frankreich drin, also die Hauptakteure bei Waterloo. Für den Sezessionskrieg sind es, oh Wunder, Union und Konföderation.

      Was die Figuren angeht, das System ist zwar erst einmal für 28mm gedacht, sollte sich aber auch mit kleineren Maßstäben problemlos spielen lassen.

  • Hallo zusammen,

    Ich wollte mal nachfragen, ob man dieses Regelwerk auch für 10mm bis 15mm nutzen kann?

    • Für 15 mm ja, auch ohne Änderungen der Entfernungen.
      Für 10 mm nur eingeschränkt, da es unter 15 mm doch ratsam sein kann, die Entfernungen etwas anzupassen, weil es sonst etwas komisch auf dem Tisch wirken kann, wie weit einzelne Einheiten sich bewegen können.

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