Review: Bolt Action Regelwerk
In diesem Herbst öffnet Warlord Games mit ihrem neuen Bolt Action Regelwerk ein neues Kapitel der Schauplätze für ihre Miniaturen.
Bolt Action wurde lange entgegen gefiebert und ist nun seit Anfang des Monats erhältlich. Ich habe die Zeit genutzt mich näher mit dem Regelwerk zu befassen und euch die Eindrücke näher zu schildern.
Worum geht es?
Bolt Action ist das dazugehörige Regelwerk zur mittlerweile sehr umfangreichen Range von 2. Weltkriegsminiaturen mit demselben Namen. Ursprünglich hatte Warlord Games Bolt Action aufgekauft um ihr Angebot um eine weitere Epoche zu ergänzen, nun aber auch eine Vielzahl eigener Miniaturen herausgebracht, darunter auch mehrere Plastikbausätze die wir hier bereits vorgestellt haben.
Das Regelwerk ist dabei auf den eigenen 28mm Maßstab ausgelegt und wird mit etwa 40-50 Miniaturen pro Seite und 1-2 Fahrzeugen pro Seite gespielt, was nach dem eigenen Maßstab 1.000 Punkten entspricht.
Erster Eindruck
Man merkt dem Regelwerk an, dass die Erfahrung aus den bereits erschienenen Werken wie Hail Caesar und Black Powder eingeflossen ist und der Einfluss von Osprey noch stärker geworden ist. Das Buch ist von vorne bis hinten randvoll mit detailverliebten Illustrationen und zahlreichen Bildern von Spielszenen bestückt und überzeugt mit ansprechendem Layout. Das etwas kompaktere Format, welches Fingerdick und ein wenig kleiner als A4 ist liegt gut in der Hand.
Die 216 Seiten sind klar strukturiert, decken Einleitung, Basisregeln, fortgeschrittene Regeln, Szenarios, Übersichtsbögen und für viele sehr wichtig einen übersichtlichen Index ab. Abgerundet wird das Ganze noch durch einen Appendix der einen schnellen Einblick in den historischen Verlauf und die unterschiedlichen Schauplätze des Krieges bietet.
Mit 25 GBP liegt das vollfarbige Buch ein gutes Preis-Leistungsverhältnis vor, das neben den kompletten Spielregeln auch noch 4 Armeelisten für Deutsche, Amerikaner, Briten und Commonwealth sowie das Sowjetische Russland abdeckt.
Wie spielt es sich?
Ein ansprechendes Buch ist schön und gut, aber was taugen die Regeln ist die nächste Frage. Wie man es von anderen Warlord Games Regelwerken kennt, ist hier auch das Befehlssystem Dreh und Angelpunkt. Anstelle des klassischen I-go-you-go (Ich ziehe, du ziehst), werden jedem Spieler Befehlswürfel (in seiner Farbe) in Anzahl seiner Einheiten zugewiesen , welche verdeckt gezogen werden um die Befehlsreihenfolge zu ermitteln. Dabei kann der Spieler, wenn ein Würfel in seiner Farbe gezogen wird, auf 6 Befehle zurückgreifen um seine Truppen in die Schlacht zu schicken; Advance (bewegen und schießen), Fire (schießen ohne Bewegung), Run (schnelles vorrücken), Ambush (Hinterhalt, sprich Feuerbereitschaft), Down (in Deckung gehen) und Rally (Sammeln).
Die Einheiten bei Bolt Action verfügen über kein Profil im klassischen Sinne, sondern haben eine Qualität welche sich primär in ihrer Moral ausgedrückt. Hier ist es wie auch bei anderen Warlord Games Spielen so, dass die Einsatzbereitschaft abhängig von einem Befehlswurf gegen die Moral der Einheit abhängig ist, welcher unter bestimmten Umständen wie bspw. Verlusten / Beschussmarken erschwert wird.
Bolt Action setzt dabei auf Archetypen und verzettelt sich nicht darin jede Einheit individuell zu gestalten. Insgesamt gibt es 3 unterschiedliche Klassen, Infanterie, Fahrzeuge und Artillerie. Regulärer Kern jeder Armee sind die normalen Soldaten, Veteranen / Eliteeinheiten werden mit Fallschirmjägern, Rangers oder Kommandos dargestellt, und heben sich in erster Linie durch höheren Moralwert und Zugriff auf besondere Ausrüstung von den anderen Truppen ab. Eine Handvoll besonderer Einheiten wie Waffenteams oder noch weniger Fahrzeuge runden die Armeen ab. In den Armeelisten finden sich dafür umfangreiche Auflistungen der verschiedenen Fahrzeuge der jeweiligen Fraktionen.
Die Waffen sind in bestimmten Klassen eingeordnet und nicht unzählige, lange Listen um jeden noch so kleinen Unterschied darzustellen. Ein deutscher Karabiner und ein amerikanisches Gewehr sind eine Waffenklasse. Dennoch gibt es von der Pistole bis hin zu den Geschützen genügend Unterteilungen.
Im ersten Moment klingt dies jetzt so, als würde sich jede Armee ähneln, aber das stimmt so nicht. Beispielsweise verfügt jede Armeelisten über zwei spezifische Sonderregeln, so können sich Generäle der Wehrmacht auf besonderes Training berufen und einen Boni auf das MG, Amerikaner verfügen über Lufthoheit und ausreichend Munition, Briten freuen sich über Artillerie und Russen setzen auf Masse.
Besonderheiten des Systems sind beispielsweise das der Fernkampf grundsätzlich immer auf 3+ abgehandelt wird, mit anschließenden Modifikatoren unabhängig von den Fähigkeiten der eigentlichen Einheit (mit Ausnahme sie ist unerfahren). Ebenso ist der sehr schnelle und tödliche Nahkampf eine Besonderheit. Hier gibt es kein Hin und her, dass sich über mehrere Züge streckt, es ist der verbitterte Kampf auf kurze Distanz um blankes Überleben.
Wie geht es weiter?
Nun hat man das Buch und strebt einer ~ 1.000 Punkte Liste an Miniaturen zu, welche sich auf 2-5 Infanterie mit Anhängsel (0-1 versch. Waffenteams, 0-1 Panzerwagen, 0-1 Panzer/Panzerjäger/Flak, 0-1 Transporter / Zugmaschine, und verschiedene Spezialisten wie Sanitäter) fokussieren.
Es gibt mehrere Deals und Bundles von Bolt Action um mit 50 – 100 GBP einzusteigen und einen soliden Grundstock an Miniaturen zu besitzen. Das ist in Kombination mit dem Regelwerk eine übersichtliche Investition. Allerdings bietet Bolt Action bald weitere Armeelistenbände, beginnend mit den Armies of Germany, an, welche sich näher mit den Besonderheiten der jeweiligen Armeen befasst und etwas mehr Abwechslung in die Truppenverbände bringen dürfte, so dass Rangers, Airborne und erfahrene Infanterie nicht einfach nur „Veteran Infantry“ sein dürften.
Ähnlich dem Umfang der Flames of War Bücher wäre es auch denkbar dass hier noch mehr Kampagnenbände und weitere Armeelisten nach und nach veröffentlicht werden. Über einen Nachschub an Miniaturen muss man sich jedenfalls keine Sorgen machen, was die zahlreichen Previews zeigen.
Fazit
Bolt Action ist nicht das erste zweite Weltkriegsregelwerk und wird auch nicht das letzte sein. Aber der Fokus auf die Platoongröße und nicht der halbherzige Versuch ein Großschlachtensystem oder überladendenes Skirmish zu sein, tut dem Spiel gut.
Es ist der Schlagabtausch zwischen Infanterie, hier wirkt sich ein Panzer oder ein Waffenteam wirklich aufs Spielgeschehen aus, ohne es zu stark zu dominieren. Man kämpft auf Augenhöhe und hat einen unglaublich großen Fundus an Hintergrund in den man sich einarbeiten kann.
In wie weit die kommenden Armeelistenbände auf die Spielbalance Einfluss nehmen, muss man abwarten. Aber die Tatsache dass das Grundregelwerk an sich alles abdeckt, was zum Spielen benötigt wird, neben den Armeelisten auch noch Szenarios und sogar Goodies wie Häuserkampf oder grundlegende Regeln für Flieger. Diese Standalone Eigenschaften sind auch ein Grund dafür, weshalb man das Regelwerk sich zulegen sollte, wenn man ein Fable für die Epoche hat, schließlich kann man es immer noch in anderen Maßstäben verwenden und selbst als einfaches „Nice-to-have“ bietet es dank der ansprechenden Aufmachungen genügend Gründe zum Kauf.
Warlord Games Produkte sind in Deutschland unter anderem bei unserem Partner Fantasy In erhältlich.
Quelle: Warlord Games
Erstmal danke für das Review und deine Mühen
Leider ist der Regelteil recht kurz geraten und ich hätte da noch einige Fragen:
– Wie funktioniert das mit den Befehlswürfeln? Werden die von beiden Spielern zusammengeworfen (zB in einem Beutel) und dann verdeckt gezogen? Gibt es dann unterschiedliche Würfeldesigns für Infanterie, Panzer und Artillerie oder gilt: Wenn mein Befehlswürfel gezogen wird suche ich mir aus, was ich aktiviere?
– Wie wird das Treffen/Verwunden/Ausschalten genau abgehandelt? Kann man zB mit Scharschützen gezielt schwere Waffen ausschalten?
– Wie funktioniert das Moralsystem? Muss man vor jeder Aktivierung testen, ob die Einheit etwas tun will oder lieber in Deckung bleibt? Wie stark ist da der Einfluss von Verlusten / Beschussmarkern?
– Sind Fahrzeuge stark im Vorteil oder ist das ausgewogen?
Hier gibt es einen detailierten Überblick der Regeln:
http://www.tabletopwelt.de/forum/showthread.php?t=155460
Kann ich ergänzend nur ans Herz legen.
Was willst du uns mit dem letzten Satz sagen? Ich schiebe das mal auf den übermäßigen Genuß deines Geburtstagskuchens 😉
Reizen tut mich Bolt Action schon…besonders ein Platoon amerikanischer Fallschirmjäger á la Band of Brothers würde sich sehr hübsch in der Vitrine machen. Aber das ist dann ein Projekt für nächstes Jahr 🙂
Danke für die Review! Sie ergänzt sehr schön das Bild, dass ich von anderen Rezensionen her gewonnen habe.
Schade, dass ich schon zu viele Spiele habe… und dass es im 28 mm WWII-Bereich zu wenig Plastikfiguren gibt… aber vielleicht hilft das Regelwerk ja, dass sich da in Zukunft noch einiges ändern wird. So, wie es sich liest, hat das System ja alles, was es zum Erfolg braucht: Alleinstellungsmerkmale, eine starke Werbepräsenz via Warlord und Osprey und nicht zuletzt eine große Anzahl von Miniaturen…
So wenig Plastikfiguren gibt es nicht. Neben Warlord hat auch Wargames Factory Plastikfiguren (sie super aussehen) und für die Russen Kann man auf Plastic Soldier in 28mm zurückgreifen.
Ach ja und die Perrys arbeiten am Afrika Schauplatz und Perry Plastics sehen einfach immer gut aus 😉
Auf die freue ich mich sowieso!
Gerade gesehen, dass beim Speichern die letzten 3 Sätze abgeschnitten wurden. Das habe ich noch mal angefügt 🙂
@ Ferox
1. Ja
2.Jein
3. Nein, aber der Einfluss von Beschussmarkern ist schon stark. Vergleichbar mit dem von Kings of War.
4. Siehe Fazit
Ach ja, Bolt Action reizt mich ja schon immens… Aber irgendwie fehlt es wie so oft an Mitspielern.
Mal sehen ob sich sowas wie ein jährliches Turnier etabliert, dann sähe es schon wieder ganz anders aus 😉
Das mit den Mitspielern dürfte sich schnell erledigen. Das Spiel verkauft sich wie geschnitten Brot, da könnte eine ähnliche Karriere wie bei Flames of War vor der Tür stehen…
Allein ich hab 4 Armeen im Aufbau.
Die Platoongröße finde ich eine sehr gute Entscheidung.
Panzer sind hier keine Massenware, sondern ein wirklicher Machtfaktor auf dem Schlachtfeld, was viel Raum für epische Missionen und spannende Geschichten bietet. Die Szene, in der auf einmal ein Panzer aus dem Wald hervorbricht und auf ein überraschtes Platoon zuhält, bietet sich hier wirklich an.
Das Thema reizt mich zwar nach wie vor nicht, aber im Zweifelsfall wäre Bolt Action wohl das System meiner Wahl.
Kannst du diese Platoongröße mal mit einem Beispiel versehen?
Da es bei historischen TT ja Gang und Gebe ist reale Einheitengrößen auf ein kleineres Verhältnis runter zu brechen.
Wenn man 1000 P als Beispiel nimmt, sind das dann ca. 50 Infanteristen und Anhang? Ich kann mir mit eurer Umschreibung „….sich auf 2-5 Infanterie mit Anhängsel….“ nicht viel vorstellen.
Steht doch im Artikel drin, 40-50 Modelle plus ’sonstiges‘ wie Fahrzeuge und/oder Geschütze.
Und dieser Machtfaktor Sherman V wird dann nicht gleich von einem Heeres-Anklopf-Gerät aus den Sandalen gedonnert?
Also, wenn mein Projektplan aktuell nicht schon so voll wäre, wäre das schon eine feine Sache. Ich denke da auch eher an das nächste Jahr. Hier gibt es evtl. auch bald eine Demo im Drachental.
Ach was, so eine Bolt Action Truppe kann man auch zwischendurch mal einschieben 😉
Das Problem ist, dass du immer alles zwischendurch mal eben einschieben willst… Koloniales Saga zwischen Saga, Saga zwischen AoA… das reinste Kugelwolkenmodell ist das mit dir… *g*
Aber es funktioniert 😉
Zu Zeiten des Sherman war die Panzeranklopfkanone 37mm doch gar nicht mehr aktuell. Die tat doch nur die ersten Kriegsjahre über Dienst, bis sie durch was vernünftiges ersetzt wurde.
Ich werde da wohl auch ein kleines Projekt in meine Projektkugelwolke aufnehmen (eine schöne Beschreibung).
Hier gibt es ne offizielle regelzusammenfasung
da bekommt man nen kleinen überblick
http://warlordgames.com/downloads/pdf/bolt_action_reference.pdf
Ergänzend ist noch zu sagen, dass Waffenreichweiten und Bewegungen in bekannten Größenordnungen gehalten sind. 40k Spieler werden sich also mit 36″ schießenden Mörsern, 24″ Gewehren, 4×4 Fuß Spielfeld etc. Zuhause fühlen. Dabei steckt das System etwas bei der historischen Darstellung zurück, gewinnt dadurch aber an Spielbarkeit und ermöglicht es auch Truppen aus Brett zu stellen, die bei Platoongröße eigentlich nur bei seeeehr großen Tischen drauf gehören würden.
habe mir das Spiel auf der Spielzug Hanover gekauft und kann es nur jedem Empfehlen der sich für diese Epoche begeistern kann, gerade die Zufälligkeit der Initative durch das ziehen, spiegelt den Schlachtverlauf sehr gut wieder!
Ich finde, und ich habe schon viele Spiele ausprobiert, das Chaos einer Schlacht bringt kein anderes Spiel besser rüber.
Ich habe es ebenfalls auf dem Spielzug gekauft und wir machen am 13.10. im 3TH einen Tag der offenen Tür, wo wir u.a. Bolt Action vorstellen werden (wenn die Regeln bis dahin sitzen 😉 ) Aber ich bin auch total überzeugt vom System und freue mich auf meine erste Partie mit meinen Briten.
Bolt Action ist ein blödes Spiel. Hat mir schon jetzt viel zu viel Geld aus der Tasche gezogen: obwohl ich ja eigentlich nur der Neugier halber das Regelwerk wollte, liegt jetzt eine Armee Royal Marine Commandos hier rum… 😀
Übrigens wurde heute von Warlord auch eine Starterbox angekündigt: http://www.warlordgames.com/26923/pre-order-bolt-action-assault-on-normandy/
@ Neidhard:
Die Maße haben auch eine logische Erklärung. Der typische englische Küchentisch ist etwa 2×3 Fuß groß und Rick Priestley erklärte dazu, dass die halbe Spielfeldtiefe für die durchschnittliche Schusswaffe (also das Gewehr) eine ideale Reichweite sei.