Review: Warlord Games – Schwedische Infanterie
Warlord brachte letztes Jahr die ersten Boxen für den 30jährigen Krieg heraus. Das ist eine interessante Neuigkeit, denn normalerweise ist man es ja von den englischen Firmen nicht unbedingt gewohnt, dass sie besonders viele Konflikte mit Modellen versorgen, mit denen England nichts zu tun hatte. Trotzdem erschienen nun zwei Boxen (Kaiserliche und Schwedische Infanterie), um zwei wichtige Parteien des 30jährigen Krieges mit Soldaten zu versorgen.
Hier liegt uns die Box der Schweden vor. Auffällig ist zunächst vor allem, dass die Box etwa 6 Euro mehr kostet. Was ist also drin und wozu kann man es gebrauchen? Dieser Artikel ist bewusst kurz gehalten und verfolgt nicht das übliche Schema unserer Reviews, denn über die ECW-Infanterie hatten wir ja bereits berichtet.
Der Inhalt
Nach dem Öffenen der Box kullern einem erstmal vier Metallmodelle und jede Menge Metall-Bitz entgegen. Ansonsten tauchen die üblichen englischen Infanteristen in gewohnter Stückzahl aus. Ob ein Haufen Bitz und ein paar neue Männchen allerdings ausreichen, um die Engländer schwedisch wirken zu lassen, muss sich erst noch zeigen.
Die 4 Figuren sind ein Offizier, ein Fahnenträger und zwei identische Pikeniere des ersten Gliedes. Die Pikeniere kommen mit Drahtpiken, die anderen Modelle mit allerlei Hüten und Armen. Zusätzlich dazu finden wir noch jede Menge Schweinsfedern und Helme aus Metall. Die Helme haben eine für die Schweden typische Form, die Schweinsfedern wurden besonders zu Beginn der schwedischen Offensive in Polen eingesetzt. Der polnischen Reiterei konnten die Schweden zu dieser Zeit noch nichts entgegensetzen, denn ihre eigenen Reiter waren schlechter ausgerüstet und verfügten nicht über geeignete Pferde in ausreichender Zahl. Das Problem an den Schweinsfedern liegt im Detail. Die Schweden gaben sie zusätzlich zu den Stützgabeln für die Musketiere aus und nicht – wie sonst häufig – als Ersatz für diese. In der Box sind aber beim besten Willen nicht genug Gabeln für alle Soldaten.
Die Helme wurden übrigens von allen Soldaten getragen, nicht nur von Pikenieren, aber je nach Phase des Krieges waren mal mehr und mal weniger Soldaten wirklich mit ihnen ausgerüstet wurden. Viele Soldaten verloren ihre Helme aber auch im Laufe des Krieges.
Aus historischer Perspektive sind die Teile also alle brauchbar, aber um aus der Schachtel ein Schwedisches Regiment zu bekommen, reichen sie nicht so ganz. Der schwedische König Gustav setzte besonders großes Vertrauen in die Pikeniere und achtete immer darauf, dass sie in großer Zahl vorhanden und gut gerüstet waren. Das lässt sich mit der Box leider nur bedingt darstellen. Dazu ist die ursprüngliche Box doch noch zu sehr auf die Truppen des ECW ausgelegt. Das Problem lässt sich aber durch den Kauf der Amoured Pikemen von Warlord beheben. Allerdings hätte man auf die beiden Kommando-Modelle auch verzichten und nur Pikeniere hinzufügen können. Das hätte immerhin ein wenig mehr Abhilfe geschaffen.
Wer die Helme etwas strecken möchte, um auch noch mehr Modelle damit zu versehen, dem sei gesagt, dass die Reiterei diese nicht trug und auch Hüte und Wollmützen bei den Schweden vorkamen. Mein Tipp wäre, vor allem die Pikeniere mit den Helmen zu versorgen. Für eine schwedische Armee des 30jährigen Krieges, wie sie gegen die Kaiserlichen im Heiligen Römischen Reich gekämpft hat, eignen sich übrigens auch noch die Boxen „Pike & Shotte Cuirssiers“ als Livländer, „Pike & Shotte Cavalry“ als Finnen und die „Pike & Shotte Highlanders“ als schottische Söldner. Tatsächlich bestand die Armee, welche Gustav gegen die Kaiserlichen führte, nur zu etwa 3% aus gebürtigen Schweden. Die meisten Söldner, die er anheuerte, kamen aus Deutschland oder England, man kann sich also ruhig auch bei den normalen Pike & Shotte – Boxen bedienen.
Fazit
Wer es also historisch möglichst korrekt haben möchte, wird mit der Box nicht so richtig warm werden. Wer sich auch mit einer deutlich geschundenen Armee aus der Hochphase der schwedischen Intervention im deutschsprachigen Raum zufrieden gibt und dabei auch den ein oder anderen Abstrich bei der inneren Logik verkraften kann, ist mit der Box gut versorgt, wäre es aber eigentlich auch mit der normalen ECW-Infanterie weitgehend gewesen. Die Box ist also nicht unbedingt ein Pflichtkauf, aber schon eine nette Idee. Für Schweden während des Feldzugs gegen Polen ist sie aber kaum brauchbar, obwohl hier die Schweinsfedern passen würden. Für ihre Zeit in Deutschland ist die Box zwar geeignet, aber nicht unbedingt hinreichend. Zumal hier die Schweinsfedern dann schon fast wieder überflüssig wären. Es scheint, als war den Machern nicht ganz klar, wo sie mit der Box eigentlich hin wollten.
Danke für das Review.
Mein Problem mit der Box ist, wie von dir angesprochen, die zu geringe Zahl an Pikenieren und vor allem das fehlen von gerüstetem Pikenieren. etwas schade, ich hätte mir da mehr versprochen.
Liegt eben an der Tatsache, dass sie auf den Engländern basiert. Für eine Armee auf deutschem Gebiet ist das aber okay, weil viele Pikeniere Teile ihrer Rüstung oft wegwarfen. Sie war ihnen auf dem Marsch zu schwer. Dieses Phänomen des Wegwerfens von Ausrüstung ist ja im Verlauf von Kriegen nicht sehr selten. Das Rückt die Modelle aber wieder in Richtung der Kämpfe gegen Polen. Wenige Pikeniere, die schlecht gerüstet sind und viele Schweinsfedern. Problem bleibt aber: so, wie dargestellt, haben die Schweden ihre Schweinsfedern eben nicht benutzt. Sie standen meist ein paar Meter weiter hinter ihnen und benutzten normale Gabeln für ihre Musketen. Das gibt die Box aber einfach nicht her und man kommt wohl schneller an mehr Pikeniere, als an mehr Gabeln. 😉
Ein nettes Review – in welchem man merkt, das sich der Author mit der Materie auch neben den Minis auseinandergesetzt hat. 😉 *gefällt mir*
Mein Interesse liegt ein paar Jahrhunderte später, als das Bajonett die Schweinsfeder schon recht lang endgültig (gut, bis auf Russland 😉 ) abgelöst hatte – aber war es nicht so, dass aufgrund von dem Spiess die Pikeniere reduziert wurden? Man brauchte ja keine grosse Anzahl an Piken mehr, da auf einmal die Musketiere sich selbst vor Kavallerie schützen konnten…
Tatsächlich scheint es nicht bekannt zu sein, warum die Schweden den Vorteil der Schweinsfedern wieder aufgaben. Ich kann mir das nur durch die Vorliebe Gustavs für Pikeniere erklären. Und wenn der König es so will, dann wird es so gemacht.
Danke für das Review, habe mir grade eine „schwedische“ Armee zugelegt, bin aber noch nicht dazugekommen die Boxen im Detail zu sichten.
Vor allem das Preis-/Leistungsverhältnis ist bei WarlordGames (WG, höhö) der Hammer..