von Dennis | 18.03.2010 | eingestellt unter: Reviews, Warlord Games / Bolt Action

Review: Warlord Games Black Powder

Heute schauen wir in Warlord Games erstes eigenes Regelsystem, geschrieben von den Altmeistern selbst, Jervis Johnson und Rick Priestley, Black Powder.

Warlord Games - Blackpowder

Worum geht es bei Black Powder?
Black Powder bietet ein Regelwerk, dass sich nicht mit einem bestimmten Krieg oder Ära beschäftigt, sondern einem gesamten Zeitabschnitt, in dem wie der Name schon erahnen lässt, Schwarzpulverwaffen die Schlachten dominierten. Also ein grobes Zeitfenster von 200 Jahren, welches um 1700 beginnt und um 1900 endet.
In diesem Zeitraum fanden militärische Konflikte, wie die Napoleonischen Kriege, der Amerikanische Unabhängigkeits- und Bürgerkrieg statt. Auch wenn man sich auf keinen Maßstab festlegt, wird von den Designern für Black Powder 28mm empfohlen.

Was bietet das Regelwerk?
Das vollfarbige Buch im Hardcovereinband erstreckt sich über mehr als 180 Seiten, ist etwas größer als DIN A4 und macht einen soliden Eindruck. Neben den Zahlreichen Anekdoten aus verschiedenen Kriegen, finden sich auch viele Bilder unter anderem aus den Sammlungen (Miniaturen sowie Militärmemorabilia) der Perrys. Diese graphischen Elemente lockern die Unmengen an Text auf. Man hat es hier aber schon mit nicht ganz leichter Kost zu tun, als vergleichsweise die Warhammer Historical Bücher. Man sollte mit Englisch auch gut vertraut sein, da die Formulierungen stellenweise nicht ganz einfach verständlich sind. Black Powder richtet sich an ein reiferes Publikum / Spieler, was man unter anderem erkennbar ist daran, dass es keine Armeelisten gibt, lediglich ein Baukastensystem. Das ist zum einen flexibel, da man verschiedenste Konflikte abbilden kann, setzt aber gewisse Vorkenntnisse in der Epoche voraus. Für Einsteiger etwas hemmend, da es die Startphase ins Spiel etwas verzögert. Dennoch bietet das Buch 7 Konflikte mit dazugehörigen Armeen samt Beispiellisten

  • Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg – Die Schlacht von Freeman’s Farm 1777
  • Napoleonische Krieg – Kämpfende Rückzug bei El Perez 1809
  • Carlistenkrieg – Die Schlacht bei San Miguel ~1830
  • Krimkrieg – Fluss Krim 1854
  • Amerikanischer Bürgerkrieg – Tagesanbruch bei Hangman’s Creek 1862
  • Zulukriege – Ntombi 1879
  • Mahdi Aufstand – Die Schlacht von El Teb 1884

Zu allen Konflikten findet man etwas Hintergrund, ein Szenario mit jeweils zwei Fraktionen. Alles sehr ansprechend aufgebaut, vermittelt den Flair einer Taktischen Vorbereitung mit einer kurzen aber prägnanten Übersicht über die aktuelle Situation.
Im hinteren Teil des Buches finden sich eine Übersicht über die verschiedenen Sonderregeln, weitere Informationen zur Geschichte und Empfehlungen zum Aufbau der Schlachten und Armeen.

Warlord Games - Blackpowder

Wie spielt sich Black Powder?
Black Powder versteht sich als „Gentlemans Game“, das heißt zum einen, das gemeinsame Spielen steht im Vordergrund, aber auch, dass man es nicht auf kompetitives Spielen, wie z.B. Turniere ausgelegt hat. Das System soll eher einen Rahmen bieten, in dem man verschiedene historische Szenarien nachempfinden kann.
Darüber hinaus ist Black Powder ein wirklich groß angelegtes Spiel. Die Armeen setzen sich aus mehreren Brigaden zusammen, welche wiederum aus mehreren Regimentern bestehen. Das benötigt Platz, viel Platz, wie man an den Abmessungen der Beispielszenarien merkt (1,80 x 3,60 m). Auch hier wieder klar, das ist nichts für Schüler und Studenten, die in Läden oder mal schnell daheim eine Runde spielen, da muss schon entsprechend ein eigener Hobbyraum her.
Bei einem derartig ausgelegtem System, wundert es auch nicht, das man Einheiten zusammenfasst und mit weniger Profilwerten als in anderen Systemen auskommt. So verfügen Truppen über ihren Truppentyp, Bewaffnung, Nahkampf und Fernkampfwert, Moral, Ausdauer und gegebenenfalls Sonderregeln. Manche Aspekte des Spiels erinnern entfern an Warmaster Ancient, trotz des Maßstabsunterschieds, was aber auch darauf zurückzuführen sein könnte, das beide von Rick Priestley mitgestaltet wurden.
Black Powder verwendet ein Befehlssystem, bei dem einer Einheit oder gar einer ganzen Brigade ein Befehl erteilt wird. Hier zeichnet sich Black Powder noch mal als Gentlemans Game aus, anstelle einfach nur zu sagen, „die schießen auf die, die hier greifen da an“, ist man hier stillecht. Ein Befehl wird aus Sicht des jeweiligen Kommandanten angekündigt, sprich „Major von Braunschweig befiehlt dem 3. Infanterieregiment vorzurücken, einzuschwenken und das Feuer auf die feindlichen Truppen zu eröffnen“. Da kommt Atmosphäre auf.
Der Befehlstest wird mit 2 W6 gegen den Kommandowert der Armee getestet und nicht nur in bestehen oder nicht bestehen gegliedert, sondern fein abgestuft in verschiedene Grade des Erfolgs bzw. Misserfolgs. So wäre der oben genannte Befehl, ein Befehl mit 3 Aktionen, was deutlich schwieriger wäre, als ein einfaches Vorrücken und daher schwieriger zu bestehen. Sollte dem Kommandeur das Malheur passieren, eine Doppel 6 zu würfeln, kommt es zum Befehlschaos von falsch verstandenen Befehlen bis hin zur Verweigerung.

Kurz zum Spielablauf und der Funktionsweise von Nahkampf und Fernkampf. Das Spiel verwendet ein klassisches I-Go-You-Go Prinzip, mit einer gemeinsamen Nahkampfphase.
Spieler Rot bewegt sich, führt Beschuss aus, gemeinsame Nahkampfphase mit Spieler Blau.
Spieler Blau bewegt sich, führt Beschuss aus, gemeinsame Nahkampfphase mit Spieler Rot, nächster Spielzug.
Nahkampf und Fernkampf werden ähnlich abgehandelt. Es gibt entsprechende Basiswerte im Profil der Einheit, welche durch Größe und Formation mit Boni / Mali modifiziert werden. Diese sind die Anzahl an Würfeln die geworfen werden. Grundsätzlich wird ein Treffer auf die 4+ erzielt, hier können aber ebenfalls Boni / Mali aufgerechnet werden, je nach dem ob zum Beispiel Gelände die Handlung behindert oder die Einheit bereits schwere Verluste erlitten hat. Nun wird ermittelt, wie gut die angegriffene Einheit die Attacke verkraftet hat, dazu wird ein Moral-Rettungswurf durchgeführt, in der Regel auf die 4+, welcher aber auch modifiziert werden kann, z.B. wenn die Einheit sich in befestigtem Gelände befindet. Erleidet eine Einheit Verluste über einer bestimmten Höhe (abhängig von der Ausdauer) erleidet sie Nachteile und kann aufgerieben werden. Im Nahkampf werden die Verluste auf beiden Seiten verglichen um den Gewinner zu ermitteln. Interessant an Black Powder ist, dass hier umliegende Einheiten Nahkämpfe unterstützen können, ohne in direktem Kontakt zu stehen.

Warlord Games - Blackpowder

Ich besitze das Regelwerk, was nun?
Unabhängig davon, für welche Epoche man sich nun entscheidet, ist klassisches Gelände in Form von ein paar Hügeln, Bäumen und einem Fluss oder Straßen / Wegen eine solide Grundlage. Je nach dem, für welches Szenario man sich entscheidet, sind ein paar Häuser oder Befestigungen ebenfalls zu empfehlen.
Wie bereits erwähnt, Black Powder ist ein sehr groß angelegtes System, weshalb auch eine entsprechende Menge an Miniaturen und folglich an Platz benötigt wird. Ein Tisch von 2,40 x 1,20 sollte schon vorhanden sein, um die Mechanismen der einzelnen Brigaden wirklich nutzen zu können. Man sollte auch im Hinterkopf behalten, das in der Größenordnung, sogar historisches Tabletop teuer werden kann und daher vielleicht mit einem Setting liebäugeln, welches auch Plastikminiaturen abdeckt, wie z.B. Amerikanischer Bürgerkrieg oder Napoleonischen Kriege. Letztere werden bereits breit abgedeckt mit Zinnminiaturen, aber auch durch ansprechende und kostengünstige Boxen der Perrys und Victrix.

Fazit
Black Powder kostet 36,50 EUR, was ein absolut fairer Preis für ein so aufwendig produziertes Buch ist. Es ist alles drin was man braucht, den Geschichtlichen Hintergrund und weitere Informationen zur jeweiligen Epoche findet man in der Fachliteratur oder Online.
Das Regelwerk wirkt ansprechend und taktisch herausfordernd, wenn auch sehr auf 28mm forciert, da man sich des Eindrucks nicht entledigen kann, dass man es hier eigentlich mit einem Spiel im kleineren Maßstab, z.B. 15mm zu tun hat. Das ist soweit auch der einzige wirkliche große Nachteil von Black Powder, der in Hinblick auf die Zielgruppe nicht sonderlich schwer gewichtet werden kann. Der große Maßstab, damit verbundene Tischgröße und das nicht unbedingt einsteigerfreundliche Buch (Kenntnisse der Epoche und moderate Englischkenntnisse vorausgesetzt) grenzen sicherlich ein gewisses Publikum ab, ändert aber nichts an der Tatsache, dass es sich um ein gelungenes System handelt.

Warlord Games Produkte werden in Deutschland über Ulisses vertrieben und sind in Deutschland unter anderem über unseren Partner Miniaturicum erhältlich.

Quelle: Warlord Games

Dennis

SiamTiger / Dennis, Stellvetr. Chefredakteur von Brückenkopf Online. Seit 1996 im Hobby. Erstes Tabletop Blood Bowl. Aktuelle Projekte: http://www.chaosbunker.de/

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Kommentare

  • Danke für dieses Review 🙂

    da wir in unserem Verine demnächst mit Napoleo vs. Rest der Welt anfangen wollen, und mit diesem RB geliebäugelt haben, kommt mir das Review echt entgegen…
    allerdings werden wir das ganze auf den 1/72 Masstab transferieren…

  • Hört sich extrem interessant an dieses System, aber unter dem Baukastenprinzip kann ich mir wenig vorstellen.
    Wie ist das denn konkret umgesetzt?
    Gibt es da Punktewerte für Pistolen, Säbel, Lanzen usw. und das Kombiniert man dann mit verschieden trainierten Leuten und uu. Pferden?
    Vielleicht könnt ihr ja auch ein Beispiel geben, ohne in Copyrightschwirigkeiten zu geraten. Das wäre wirklich sehr toll.

    • Es gibt verschiedene Archetypen für Truppen, die man entsprechend mit Sonderregeln, Ausrüstung und Eigenschaften versehen kann. Dazu gibt es eben Listen mit Punkten und Empfehlungen.

      Man könnte also von einem recht groß angelegtem Heer voller unerfahrener Soldaten, unbewaffnete Wilde bis hin zur teuren und kampferprobten Elite, für jede Epoche etwas einsetzen. Wie weit das zum Hintergrund passt, ist etwas anderes, weshalb man als Spieler schon gefordert ist, sich damit auseinander zu setzen, wie die jeweilige Armee ausgebildet und -gerüstet war.

  • Wieso? 15mm Zinn kostet doch nun wirklich nicht mehr so viel und bei der Größe wäre der Unterschied im Preis wohl kaum noch bemerkbar, oder?

  • Oder man nimmt gleich 28mm Figuren, und hat dann auch was auf dem Tisch stehen.
    Und solange man sich an die Kunststoffboxen hält bleiben die kosten im Rahmen eines normalen TableTops.

    Und das ganze sieht mit 28mm einfach epischer aus…. 😉

  • 1/72 ist schon ein super Maßstab, gerade für so große Schlachten. Grad gestern wieder gesehen, echt super schick! http://www.sweetwater-forum.de/index.php?page=Thread&threadID=4903
    Mich hätte an dem Review viel eher interessiert ob es ein Regelwerk schafft, die Entwicklungen der Taktik von 1700-1900 befriedrigend darzustellen. Immerhin gab es da ja mehrere Umbrüche, erst die Linientaktik, dann die nap. Kolonne, später der ACW, der ja zum ersten „industriellen“ Krieg wurde. Ich kann mir nämlich kaum vorstellen, dass ein Regelwerk es schafft die jeweiligen Eigenheiten der verschiedenen Kampfweisen darzustellen.

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