Review: Trafalgar
Warhammer Historical, eine Tochterfirma von Games Workshop welche sich auf historische Regelwerke und -adaptionen spezialisiert hat, präsentiert ihr neuestes Werk „Trafalgar“. Seit Anfang März ist das Regelwerk erhältlich und wir werfen einen Blick in den historischen Neuling.
Worum geht es bei Trafalgar?
Trafalgar ist ein System für Seeschlachten im Zeitalter der Segelschiffe. Dabei stehen Schiffe verschiedenster Größe, primär Segelschiffe im Fokus. Namensgeber für das Regelwerk ist die legendäre Schlacht von Trafalgar, bei der die Britische Flotte einen überragenden Sieg über Napoleons Französische Flotte und ihre spanischen Alliierten erzielte.
Dabei deckt das Regelwerk aber einen etwas größeren Zeitraum von 1795 bis 1815 ab und schließt damit auch andere Seeschlachten wie die um Kopenhagen oder die späteren amerikanischen Unabhängigkeitskriege mit ein.
Dabei liegt der Maßstab und die Punktgröße bei diesem Spiel nicht fest. Wobei der Hauptfokus auf Schiffe im „üblichen“ Seeschlachtmaßstab 1:1200 liegt und Schlachten mit knapp einem dutzend Schiffen pro Seite. Das Regelwerk bietet dabei Möglichkeiten für Maßstäbe zwischen 1:100 bis hin zu 1:2400, wobei man für ersteres am besten Turnhallen anmietet, da die Schiffe ~ 60cm groß sind.
Was bietet das Regelwerk?
Auf den 144 Seiten findet sich alles was man zum Spielen benötigt. Man erhält neben den Regeln, die in Basis und fortgeschrittene Regeln aufgeteilt sind, außerdem noch umfassende Armeelisten für 9 Fraktionen, Regeln für Kampagnen, Szenarios, ausführliche Informationen zum historischen Hintergrund sowie einen üppigen Hobbyteil mit Mal- und Bastelanleitungen für Schiffe und Gelände.
Das Buch ist komplett koloriert und kommt als Softcover. Der Preis liegt bei 20 GBP, der handelsübliche Preis liegt in Deutschland bei knapp 30-35 EUR. Nicht nur in anbetracht dessen, dass es sich um ein geschlossenes System handelt, für das man nur noch Miniaturen und Würfel benötigt, ist das ein guter Preis. Die reichhaltig illustrierten Seiten, das ansprechende Layout und die Informationsdichte sind absolutes Argument für dieses Buch.
Welche Fraktionen deckt Trafalgar ab und wie spielt sich das System?
Insgesamt beinhaltet Trafalgar Listen für 9 verschiedene Fraktionen mit stellenweise eigenen Sonderregeln, Schiffsverbesserungen und sogar legendären Charakteren.
- Groß Britannien
- Frankreich
- Spanien
- Portugal
- Die Niederlande
- Russland
- Schweden
- Vereinigten Staaten
- Freibeuter
Zu den stärksten Fraktionen gehören (historisch begründet und wegen der Verbundenheit der Briten zu ihren militärischen Siegen) vor allem die Flotte Groß Britannien, gefolgt von Spanien und Frankreich.
Selbst für Hobbyisten, die bereits länger Spielen, dürfte Trafalgar etwas recht neuartiges sein, da es nicht allzu viele vergleichbare Systeme gibt. Da es eine Seeschlachtsimulation ist, sind die Regeln etwas anders aufgebaut als bei „regulären“ Systemen in denen sich Truppen auf dem Festland einen Schlagabtausch liefern. Um einen Vergleich zu wagen, so fern dies überhaupt möglich ist, ist dieses Spiel wohl Battlefleet Gothic am ähnlichsten.
Trafalgar verwendet W6 und legt Proben gewohnt auf Mindestwürfe, die mit Mali und Boni versehen werden, aus. Zentraler Punkt der Proben ist der Kommandotest, bei dem die Disziplin der Besatzung getestet wird.
Ein sehr interessantes taktisches Element bei Trafalgar, von dem Systeme mit Schiffen / auf hoher See profitieren, ist die Tatsache dass sich das Wetter und der Wind konstant auf das Spiel auswirken. Schiffe haben keine Bremse wie ein Auto, daher muss man Windrichtung und –geschwindigkeit beachten um zum eigenen Vorteil benutzen. Diese Variablen finden sich auch in der Spielzugabfolge wieder, die nicht klassisch I-GO-YOU-GO sind, sondern den begünstigen der den Wind im Rücken hat.
Richtig interessant wird das manövrieren aber erst, wenn die Schussphase kommt. Die größeren Schiffe haben ihre Kanone auf den Längsseiten, weshalb man sich neben dem Ziel und nicht davor positionieren muss.
Dies und ein paar weitere Spezialmanöver machen Trafalgar zu einem wirklich interessanten und neuartigem Spielerlebnis, das schnell fasziniert aber etwas Zeit benötigt um eine gewisse Spielroutine zu entwickeln.
Ich besitze das Regelwerk, was nun?
Alle Spielrelevanten Regeln sind im Regelwerk enthalten, so auch Szenarios und Kampagnenregeln für längere Spielmotivation. Interessant wird es sicherlich auch, wenn man Trafalgar mit anderen historischen Systemen z.B. im 28mm oder 6mm Maßstab kombiniert und die Schlachten nicht nur auf dem Land sondern auch auf der hohen See austrägt.
Zum spielen fehlen damit aktuell nur noch die passenden Miniaturen. Games Workshop / Warhammer Historical bietet selbst keine Miniaturen für ihre historischen Publikationen an, allerdings gibt es einige Anbieter die ein breit gefächertes Angebot an Schiffen in unterschiedlichen Maßstäben haben. Im Regelwerk selbst werden folgende Hersteller empfohlen:
Rod Langton
GHQ Miniatures
Magister Militum
Die Preise fallen je nach Schiffstyp, Maßstab und Herstellern sehr unterschiedlich aus, aber bei 1:1200 kann man zwischen 5 – 12 EUR pro Schiff einplanen und eine Flotte bereits für knapp 40-50 EUR aufstellen.
Damit fehlen nur noch ein paar Würfel und eine Spielfläche (am besten mit blauem Tuch) zum ersten Spiel.
Wie geht es weiter mit Trafalgar?
Aktuell bietet Warhammer Historical bereits ein paar Downloads für Trafalgar an, wie z.B. zusätzliche Szenarios. Der Zeitraum des Zeitalters der Segelschiffe ist nicht allzu groß, weshalb man von weiteren Büchern nicht unbedingt ausgehen sollte. Langfristig sollte man aber eine Ergänzung des Regelwerks um zusätzliche Epochen, mit überarbeiteten Regeln z.B. für Seeschlachten im 19./20. Jahrhundert nicht völlig ausschließen.
Wer die Scharmützel um die Seeschlachten im 28mm nachspielen möchte, hat mit Legends of the High Seas eine solides Regelwerk dazu, da es auf dem Herr der Ringe / Legends of the Old West System beruht.
Fazit
Mark Latham ist mit Trafalgar ein wirklich guter Wurf gelungen. Das System vermittelt einen soliden Eindruck in dem es die Besonderheiten der Seeschlachten hervorhebt ohne einen dabei zu stark mit Sonderregeln oder unzähligen Tabellen zu erschlagen. Für Tabletop Neulinge ist das Spiel anfangs eine gewisse Umstellung, da es sich doch anders spielt als ein Skirmish oder Schlachtensystem mit Feldtruppen.
Das Buch ist nur in englischer Sprache erhältlich und eine Übersetzung ins Deutsche ist nicht geplant. Aufgrund der gewählten Sprache (und nicht zu letzt wegen der häufig verwendeten Begriffe aus der Seefahrt), die sich nicht unbedingt im normalen Schulenglisch wieder findet, sollte man überdurchschnittlich vertraut mit der englischen Sprache sein oder zu mindest jemanden mit sehr soliden Kenntnissen im Spielerkreis haben, der einem den ein oder anderen Regelpassus genau erläutert.
Wer sich für das Spiel oder zu mindest für das Szenario interessiert, kann sich ohne schlechtes Gewissen das Buch zu legen. Ein innovativer Ansatz, ein ungewöhnlicher Maßstab und neue Taktiken stellen eine Alternative zum herkömmlichen Tabletop da, nicht nur für Neueinsteiger denen normale Schlachtensysteme nicht zusagen sondern auch für ältere Spieler die zusätzlich zum anderen Maßstab eine neue Herausforderung suchen.
Link: Warhammer Historical
Link: Inoffizielles Warhammer Historical Forum
Danke für den Test.
Liest sich ausgesprochen interessant, wollte schon immer mal ein „besseres BFG“ probieren.
Gutes Review des Buches. Ich besitze es selbst, habe nach den Anleitungen ein Langton Schiff gebaut (inkl. Takelage) und erste Schlachten gespielt.
Ich kann es nur empfehlen.
Man sollte sich wirklich nicht vom Bau der Schiffe abschrecken lassen. Das ist einfacher als man denkt.
Einerseits schön, das andere Sachen von GW gemacht werden aber es ist auch schade, das schon bewährte systeme wie BFG oder Epic Armageddon, überhaupt die ganze Spezialist-Game-sektion, absolut aufgegeben wurden und nur noch wenig, wenn nicht garnicht mehr unterstützt werden.
GW sollte solche bewährten Systeme nicht komplett aufgeben und mehr fördern, da diese GW auch groß gemacht haben.
Zum Spiel an sich:
Sehr schöne schiffe. Also das muss ich mal sagen.
Ich hoffe aber, das es nicht wie bei BFG zu lang gezogen ist. Das war immer ein großer Kritikpunkt von mir, weil es meistens immer in Rammattacken geendet hatte.
Mit etwas Glück kann man bei eBucht von Airfix einige Schiffsmodelle in einem kleinen Maßstab erstehen – sie sind aus weißem Polystyrol (wie jeder Modellbausatz dieser Art) und ca. 10 – 14 cm lang.
Ich selber hatte vor Jahren die H.M.S. Victory und sie war äußerst detailreich für ein Spritzgussmodell dieser Größe.
Ich denke, die bieten eine nette Alternative, wenn man es nicht abwarten kann – und auch eine Herausforderung zum Basteln.
Sieht doch sehr nach Man o War aus. Eigentlich schade, habe mir mehr versprochen.