Games Workshop: The Good, the Bad and the Ugly
Unter diesem Namen präsentieren wir euch den 2. Artikel zu „Games Workshop: Preise, Eurokurs und Inflation – Teil 1„. Nach dem wir mit dem Land Raider im letzten Teil ein Argument für Preisstabilität gemacht haben, schauen wir uns heute die verschiedenen Seiten von Games Workshop – und zwar die guten, die schlechten und die hässlichen.
The Good
Die große Marktführerschaft bzw. generell Games Workshops Größe bringt viele Vorteile für sich. Als da wären;
- Verbreitung: Die Leute spielen Warhammer, weil die Leute Warhammer spielen. Anstatt sich einem der vielen kleinen Systeme zu widmen und mühselig nach Mitspielern zu suchen, nimmt man verschiedene Mankos in Kauf und schließt sich einer großen Spielergemeinschaft an.
- Produktionsmöglichkeiten: Wie viele andere Firmen (im Tabletopsektor) verfügen über die Technik, das Kapital und die Gerätschaften verschiedene Großmodelle in Plastik umzusetzen. Der Land Raider setzte seiner Zeit neue Maßstäbe, so wie die Superschweren dies aktuell machen und wenn man den Gerüchten glauben schenken darf, setzt man dem mit einem Thunderhawk im nächsten Jahr erneut einen drauf.
Außerdem sollte man hier das große Sortiment an Plastikfiguren beachten. Könnte sich jemand heute noch eine Warhammer Armee nur aus Zinn vorstellen oder gar bezahlen? - Verfügbarkeit: In knapp 40 eigenen Ladenlokalen in Deutschland, unzähligen Fantasie- und Spieleläden sowie (aktuell noch) vielen Onlineläden kann man problemlos den Großteil der Games Workshop Produktpalette erstehen. Keine Engpässe, lange Lieferzeiten aus Neuseeland oder Walfahrten zu bestimmten Händlern.
- Service: Man mag der Firma viel vorwerfen, aber der Kundenservice passt. Beschädigte oder fehlende Teile / Gussrahmen werden in der Regel ohne Probleme umgetauscht oder nachgeliefert.
- Regelmäßige Veröffentlichungen: Während kleinere Hersteller im besten Fall monatlich (in der Regel seltener) eine handvoll Neuheiten herausbringt und gerade Bücher oder Erweiterungen viel Zeit in Anspruch nehmen, profitiert Games Workshop hier von der schieren Größe. Eigene Teams aus Malern, Illustratoren, Skulpteuren und Regeldesignern sorgen für stetigen Nachschub an Produkten.
- Produktinnovation: Games Workshop bietet Modelle aus Plastik an, die könnten andere Hersteller nicht einmal mit Resin oder Zinn herstellen. Man erhält nahezu jedes Modell, das in Armeebüchern oder Codices als Truppentyp zur Auswahl steht. Wer andere Systeme spielt, kennt dieses Problem.
- Stabilität: Games Workshop war da, ist da und wird auch erstmal da bleiben. Viele Spieler alternativer Systeme kennen das Problem. Man beginnt ein neues System eines neuen Herstellers, investiert in eine Streitmacht, nach und nach verlangsamen sich die Veröffentlichungen und der Anbieter ist weg vom Fenster. Nun steht man da mit in der Regel nicht gerade wenigen Figuren und hat weder Mitspieler noch Nachschub. So geschehen z.B. mit Void und Rackham.
Dieses Problem kennt man bei Games Workshop allenfalls bei den Specialist Games, die sich aber in ausgewählten Kreisen immer noch größter Beliebtheit erfreuen. - Größe: Games Workshop ist im Tabletopbereich mit einigem Abstand der größte Hersteller für Miniaturen und Regelwerke. Dies zeigt sich durch die oben aufgeführten Punkte, aber auch in den vielen Dingen, wie viele für Selbstverständlich nehmen. Ein eigenes Hobbymagazin White Dwarf in verschiedenen Sprachen, eigene Events / Games Days in mehreren Ländern, Übersetzte Regelwerke und einiges mehr wie z.B. Starterboxen (die mit Ausnahme von Herr der Ringe, das Prädikat wirklich verdient haben!). In dieser Größenordnung kann man dem Spieler ganz andere Dinge bieten, aber das hat natürlich alles seinen Preis, daher …
The Bad
- Größe: Der Faktor der für die Kunden die meisten Vorteile bringt, bringt auch den größten Nachteil. Da sitzt nicht Timmy aus der Nachbarschaft, knetet Minis nebenbei und verkauft die als Zubrot. Games Workshop ist ein Unternehmen, die Mitarbeiter sind Vollzeitangestellte (wenn man das Ladenpersonal ausnimmt). Illustratoren, Maler und Co erhalten ein Festgehalt und werden nicht nur für Auftragsarbeiten angeheuert, sind somit ein konstanter Kostenfaktor. Diese Nebenkosten (auch in den lokalen Niederlassungen für Übersetzungen, Support usw.) verzehren einen Großteil der Einnahmen und erzwingen Preise, die für den Kunden auf den ersten Blick weit über den Produktionskosten liegen. Dies bringt natürlich auch die kritische Einstellung mit der ein dominanter Marktführer leben muss (siehe Microsoft, Nike usw.)
- Preisverhältnisse: Die Preise sind nicht das wirkliche Problem, es ist vielmehr das Verhältnis der Preise zu einander. Der Kunde sieht eine kleine Box mit 3 Gussrahmen, je nach dem ob dies nun 10 Staatstruppen, 5 Terminatoren oder ein Dampfpanzer sind, schwankt der Preis zwischen 17,50 und 45,50 – für die gleiche Menge Plastik und Verpackung.
Wie es dazu kommt? Der Preis wird bei Games Workshop nicht allein durch Produktionskosten kalkuliert, sondern mit Hilfe einer Matrix in der unter anderem auch die Punktkosten sowie die Effektivität im Spiel einfließen. 10 Space Marines sind effektiver als 10 Imperiale Soldaten, 30 EUR <-> 20 EUR. 5 Terminatoren sind effektiver als 10 Space Marines, 35 EUR <-> 30 EUR.
Schlimmer ist es noch beim Zinn. Man erhält 4 Grothelfer für 11,50 EUR aber 2 Munigrotz für 15 EUR? Noch stärker hinkt dies besonders bei den (besonderen) Charaktermodellen.
Hier sollte man sich an den historischen Herstellern ein Beispiel nehmen, eine Infanteriefigur ist eine Infanteriefigur, kostet wenige Euro, egal ob es sich nun um einen Zulukrieger, römischen Legionär oder Napoleon selbst handelt. - Preiserhöhungen: Andere Firmen senken die Preise, Games Workshop erhöht die Preise. Sicherlich, wir haben bereits Rücksicht auf die Firmengröße genommen und die gestiegenen Lohnnebenkosten. Aber die Begründungen für viele der Erhöhungen waren mehr als Fragwürdig. Wenn das Zinn teurer wird, wieso werden dann neben Blistern auch Bücher teurer, die immer günstiger und leider qualitativ minderwertiger im fernen China statt Europa gedruckt werden?
Mit welchem Grund verpackt man alte Gussrahmen neu und bietet die Hälfte der Box für +50% des alten Preis an. Die Kunden hätten für nachvollziehbare Gründe deutlich mehr Verständnis. So wurde Deutschland zwar weitestgehend von der letzten Preisanpassung im Juni verschont, aber einen wirklichen Grund hat man den Spielern dennoch nicht gegeben. - Bitz / Einzelteilservice: Sicherlich mag dies ein logistischer Aufwand gewesen sein. Aber das alte Einzelteilarchiv war für viele Umbauer der Grund bei Games Workshop direkt zu ordern. Solch ein Angebot sollte man alleine aus dem Faktor des Kundenservice anbieten, immerhin waren die Preise der Einzelteile auch nicht gerade niedrig.
Der neue Bitzservice ist ein Anfang aber nicht vergleichbar mit dem umfangreichen Angebot des damaligen Online Archivs. - Werbung: Es steht jedem frei seine Produkte anzupreisen oder auf Dinge hinzuweisen. Wir verweisen auch auf unsere Partner die verschiedene Produktneuheiten anbieten. Aber viele Hobbyartikel sind übertrieben befühlt mit ©, ® und tm und dem Worte Citadel. Das man Citadel Miniaturen mit Hilfe von Citadel Farben und Citadel Pinseln bemalen, anschließend die Games Workshop Bases mit Citadel Bastelkleber und Citadel Modellbau Sand sowie Citadel Grassstreu aus dem Citadel Modellbausortiment gestalten kann, hat nun jeder verstanden.
The Ugly
- Mail Order Only / Splash Releases: Wenn es denn wirklich nur besondere Sammlermodelle wären, die man exklusiv nur bei Games Workshop selbst kaufen könnte. Aber das normale Produkte nach 4 Wochen nur noch über Premiumhändler und Mail Order verfügbar sind? So werden z.B. die Halblingsscharfschützen nach wenigen Wochen nur noch über die Mail Order verfügbar sein.
Damit setzt man nicht nur den Spieler unter Druck, sondern auch die Einzelhändler (welche man doch unterstützen möchte, da sie das Hobby verbreiten!), die ihre Kunden diese Produkte nicht nachliefern können und lediglich auf den Mail Order Shop verweisen können. - Online Händler und Angebot: Zum Schutz der Einzelhändler erhalten Online Händler einige Auflagen. Sie werden seltener Beliefert als Ladenlokale, erhalten geringere Verkaufsmargen und wer gar bei eBay verkauft, wird nicht mehr beliefert. Damit nicht genug, nun gibt es neue Regelungen bezüglich der Copyrights, die es den Online Händlern verbieten offizielles Bildmaterial von Games Workshop zu verwenden. Man macht es ihnen also um jeden Preis schwer.
Allerdings ist hier der Beigeschmack, dass man die Online Händler nicht wegen der Einzelhändler aus dem Boot haben möchte, sondern um selbst ein größeres Stück vom Kuchen abzuhaben. Aus kaufmännischer Sicht nachvollziehbar, wieso sollte man große Margen verschenken? Aber leider bietet Games Workshop zu wenig Anreiz direkt bei Games Workshop zu Ordern. Zu hohes Porto (6 EUR, sogar bei Kleinteilen), zu hohe Portofreigrenze (erst ab 100 EUR) und kein Bitzservice mehr.
Zu mal das Argument den Einzelhändler vor „Preisdumpern im Internet“ zu beschützen, gerade im deutschen Bereich nicht stimmt. Kein Ladenlokal verliert ernsthaft Kunden wegen 10-15% eines Online Händlers aus der Eurozone, wohl eher wegen des Bestelltourismus aus England. Wayland verkauft weiterhin (und das stellenweise sogar unter dem deutschen Händlereinkaufspreis) und ist sogar Premiumhändler mit Mail Order Produkten, hier stimmt etwas nicht! Auch nach der Preisanpassung im Juni ist der Bestelltourimus weiterhin lukrativ – dort hätte man, wenn man es denn ernst gemeint hätte, nachbessern müssen. - Ladenpersonal: Uns ist bewusst, das ein Laden nicht nur den Zweck erfüllt, Ware auszustellen sondern auch an den Mann zu bringen. Allerdings wäre hier etwas mehr Zurückhaltung bzw. professionelleres Verhalten angemessen. Auf viele positive Erlebnisse in Games Workshops fallen allerdings auch viele negative. Die „Um jeden Preis verkaufen wollen“-Mentalität mancher Mitarbeiter stösst gerade älteren Hobbyisten auf. Ein aufdringliches Verweisen auf Neuheiten oder „bessere Investition“ ist beim dritten „Nein, Danke“, eher ein Grund gar nicht mehr dort einzukaufen als sich doch für das Produkt zu entscheiden. Vor allem sollte man jüngere Hobbyisten nicht nur wie wandelnde Geldbäume ansehen, die man bloß zu schütteln braucht, damit es regnet.
Zu diesem Punkt wurde uns allerdings von offizieller Seite versichert, dass man mittlerweile vermehrt Schulungen anbietet um dem Fehlverhalten bei Verkäufern vorzubeugen.
Das sind einige (mit Sicherheit nicht alle) Gründe für und gegen ein Hobby mit Games Workshop. Die letztendliche Entscheidung wie man die einzelnen Punkte für sich selbst gewichtet, können wir euch nicht abnehmen. Die Anzahl der guten Gründe weigt deutlich mehr und rechtfertigen auch so manchen Preis, wenn auch nicht alle.
Allerdings erinnern wir hier noch einmal daran, dass es sich um ein Hobby handelt und viele die Entwicklung daher emotionaler sehen, als bei anderen Dingen. Anderweitig bezahlt man zu hohe Preise für Druckertinte, Zigaretten und andere Waren, die nicht essenziell zum Überleben benötigt werden. Daher stellt sich auch die Frage, warum die Leute bei hohen Preisen gerade hier, in einem Hobby, welche eben Geld kosten, so sensibel reagieren.
Gerade hier sollte sich der Hobbyist doch den vielen Facetten des Hobbys erinnern. Sammeln, Basteln & Bemalen, Spielen. Ist mir ein Produkt zu teuer, verzichte ich entweder komplett darauf bzw. verzichte auf etwas anderes und spare das Geld für einen späteren Kauf oder ganz der Hobbyist, bau es mir um oder selbst. Dafür ist die Auswahl an Modellen doch groß genug.
Das scheint aber eher ein Problem zu sein. Aus meiner Gruppe ist es einigen „Erwerbstätigen im besten Alter“ geschehen, dass man sie nicht so recht beachtete, und dass, obwohl sie deutlich gemacht haben, dass die mehr Geld ausgeben wollten.
@Charles
Zumal ich derzeit selbst betroffen bin und in meinem Stammladen ca. 50% von dem, was ich kaufen möchte nicht bekomme, gebe ich hier auch mal meinen Senf dazu.
Meiner Meinung nach vernichtet GW mit seiner Geschäftspolitik gezielt den Einzelhandel!
Der Einzelhandel bekommt keinen Zugriff auf das gesamte Produktsortiment. Insoferne soll der kleine Händler am Eck, der das Hobby selbst lebt, der Spieltische und eine Malecke hat, lediglich die Kunden mit den verfügbaren Standardboxen auf den Geschmack bringen. Kommt dann der Kunde mit einer Liste von Sachen, die er braucht, muss der Einzelhändler meistens passen, weil er selbst es nicht bei GW (gewinnbringend) beziehen kann. Da bestellt der Kunde schlussendlich alles im GW Online-Shop und der kleine Einzelhändler, der sich mit Dir zusammensetzt, der das Hobby lebt, pflegt und verbreitet (und natürlich auf die Gewinnspanne angewiesen ist), geht pleite. Meiner Meinung nach hat GW vergessen, dass es gerade diese Personen waren und sind, die das Hobby nachhaltig verbreiten und für begeisterte Neueinsteiger sorgen.
Ich bezweifle, dass die GW-Läden ein adäquater Ersatz für derartige Hobbyisten, die das Hobby zum Beruf gemacht haben, sind.
Ich für meinen Teil kaufe nur mehr, was ich bei meinem lokalen Händler bekomme. Wenn er mir – weil das die Geschäftspolitik von GW ist – gewisse Sachen nicht verkaufen kann, dann kauf ich eben nix.
Frag Euch mal, wo ihr zum Spielen oder einfach „ÜbersHobbyReden“ hingeht, wenn es solche Geschäfte nicht mehr gibt.
Für GW gehts nur mehr um schnell Kohle machen. Meine Vermutung ist, dass (eh klar bei der Größe) nur mehr Wirtschaftler in der Führungsriege sitzen, für die das Hobby ein Mittel zum Zweck ist. Die Zahlen müssen stimmen. Die Eigentümer erwarten ein entsprechend generiertes Plus an Wertzuwachs, ansonsten sich der Chefsessel schnell als Schleudersitz herausstellt. Und so schaut dann jeder, dass er seine Umsatzzahlen bringt. Klar, dass da die von mir oben dargestellte Geschäftspolitik, Sinn macht – dass dies der Grundstein für eine nachhaltige Entwicklung ist, wage ich zu bezweifeln.
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lg, daaal